Extremwetter und Schädlinge

Fürther Stadtwald: Haben die letzten Fichten eine Überlebenschance?

Gwendolyn Kuhn

Lokalredaktion Fürth

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18.5.2023, 11:00 Uhr
Im Spätsommer 2020 mussten Harvester die von Schädlingen befallenen Bäume aus dem Stadtwald holen. Heuer sieht es besser aus. Noch.

© Foto: Hans-Joachim Winckler Im Spätsommer 2020 mussten Harvester die von Schädlingen befallenen Bäume aus dem Stadtwald holen. Heuer sieht es besser aus. Noch.

Hitze und Trockenheit: Der vergangene Sommer hat dem Wald großen Schaden zugefügt. Vor allem die Nadelbäume haben unter den widrigen Bedingungen stark gelitten, wie man auch an ihren braun verfärbten Kronen ablesen kann. Viele der Kiefern im Stadtwald warfen enorm viele Nadeln ab, um zu überleben. Denn: Je weniger Nadeln sie in Phasen extremer Dürre mit Wasser versorgen müssen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie nicht absterben.

Wie vielen das tatsächlich gelungen ist, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Ab Mai nämlich, erklärt Stadtförster Martin Straußberger, treiben die Bäume neu aus. Die ersten kleinen Nadelspitzen zeigen sich mancherorts schon, ebenso die Blütenstände.

Fraßgänge wie diese hinterlassen Borkenkäfer in der Rinde befallener Fichten. Fressen sich die Schädlinge durch die so genannte Bastschicht, stirbt der Baum.

Fraßgänge wie diese hinterlassen Borkenkäfer in der Rinde befallener Fichten. Fressen sich die Schädlinge durch die so genannte Bastschicht, stirbt der Baum.

Wie sich diejenigen Bäume, die den Trockenstress des vergangenen Jahres überstanden haben, weiterentwickeln, ist vom kommenden Sommer abhängig. Bleibt bei hohen Temperaturen der Regen weitgehend aus, wird es schwer für sie. Zumal dann – neben diversen Pilzkrankheiten, die die geschwächten Gewächse angreifen – eine weitere Gefahr droht: der Buchdrucker oder Kupferstecher. Diese Schädlinge, gemeinhin als Borkenkäfer bekannt, befallen vor allem Fichten. Können die Bäume nicht genügend Wasser aus dem Boden ziehen, um den Harzfluss anzuregen, haben die Käfer leichtes Spiel. Dann bohren sie sich durch die Rinde in die so genannte Bastschicht. Ist diese abgefressen, ist die Wasserversorgung unterbrochen; der Baum stirbt.

Riesige Population

In den vergangenen Wochen haben sich die Käfer schon in Position gebracht. Demnächst legen sie ihre Eier im Holz ab, rund sechs Wochen dauert es, bis die neue Generation ausschwärmt und weitere Gehölze befällt. Schnell kann die Population so auf mehrere zehntausend Käfer anwachsen.

Für Straußberger und seine Kollegen bedeutet das, besonders achtsam zu sein und noch im Wald lagerndes Fichtenholz möglichst schnell abzutransportieren. Darin vermehren sich die Insekten nämlich besonders rasch. Viel Holz ist deswegen schon raus aus dem Wald; der Rest soll bald folgen. Wichtig ist es dem Stadtförster, den optimalen Zeitpunkt für den Abtransport abzupassen. Denn die Stämme und Äste sind auch eine gute Falle für die Käfer, die am Ende optimalerweise im Sägewerk vernichtet werden. Wartet man allerdings zu lange, fliegen sie aus und richten großen Schaden an.

Die gute Nachricht für den Forst ist das schlechte Wetter der vergangenen Wochen und Monate: Der Februar sei sehr feucht gewesen, der März hingegen etwas trockener als im Jahr zuvor, sagt Martin Straußberger, der die Witterung stets im Blick hat. Dafür habe es im April und bislang auch im Mai wieder mehr Niederschläge gegeben.

Und, auch das hilft dem Wald: Hitzewellen, die in den vergangenen Jahren immer früher begannen, gab es heuer noch nicht. Bislang also fließt das Harz, das die Bäume vital hält und die Borkenkäfer, sollten sie sich in die Rinde bohren wollen, ihr Leben kostet.

Die Schneise von 2017

Doch für eine Entwarnung ist es zu früh, sagt Straußberger, auch wenn an manchen besonders feuchten Stellen zurzeit noch Wasser steht im Wald. "In manches Jahr sind wir auch gut gestartet, aber dann kamen Hitze und Dürre."

Mit Schaudern erinnert er sich an 2020, als große Flächen im Stadtwald im Spätsommer abgeholzt werden mussten, weil zahllose Fichten abgestorben waren. Dort, aber unter anderem auch in Burgfarrnbach, wo 2017 ein Orkan eine große Schneise in den Wald gerissen hatte, wird momentan aufgeforstet. Laubbäume wie Eichen, Esskastanie und Spitzahorn, jetzt alle noch winzige Pflänzchen, sollen die entstandenen Lücken einmal ausfüllen und dann resistenter sein als Fichten. Auf den Anbauflächen werden zurzeit Brombeerranken und anderes Gebüsch gerodet, damit die Jungbäume genügend Licht und Wasser zum Wachsen bekommen.

Die Borkenkäfer indes sind schon startbereit. Das zeigt sich an zwei so genannten Prognosefallen im Zennwald. Sie locken die Schädlinge an. Anhand ihrer Anzahl kann man dann die momentane Lage ablesen.

Wöchentlich werden die Fallen geleert und die Käfer gezählt. Schon jetzt ist klar: Es sind einige unterwegs, wenn auch etwas weniger als in vergangenen Jahren. Bleibt also nur zu hoffen, dass das Wetter in diesem Sommer die Ausbreitung der Insekten nicht befeuert.

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