Eklat bei der CSU: Fürther Stadtrat schmeißt hin
28.10.2013, 09:00 UhrHerbert Schlicht ist für deutliche Worte und rumpelnde Auftritte bekannt. Für gewöhnlich sind die Attacken des 73-jährigen Ex-Polizisten, der seit 1996 im Stadtrat sitzt, auf den politischen Gegner gemünzt, diesmal aber bekamen die Parteifreunde die volle Breitseite ab. In der Nominierungsversammlung im Saal des Gasthofs Kirchberger meldete sich Schlicht, Chef der Senioren-Union, zu Wort und polterte: Ausgerechnet ihn, den die Wähler 2008 von weit hinten bis auf Platz vier nach vorn kumuliert hatten, könne man diesmal nicht „nach Gutsherrenart“ mit Platz 18 abspeisen — der schlechtesten Position für einen amtierenden Stadtrat.
Rang zehn forderte Schlicht für sich ein, alle anderen müssten einen Platz nach hinten rücken. Nur sechs von 59 anwesenden Christsozialen mochten ihm da folgen, Schlicht verließ daraufhin wortlos die Versammlung — ein Eklat. Er stehe nun nicht mehr für eine Kandidatur zur Verfügung, bekräftigte Schlicht inzwischen auf Nachfrage der Fürther Nachrichten - und dabei bleibe es auch.
Das mit der „Gutsherrenart“ sahen indes zwei weitere CSU-Mitglieder ähnlich. Einer von ihnen, Heribert Bueren, wie Schlicht in der Senioren-Union aktiv und seit 55 Jahren in der Partei, sprach gar von einem „undemokratischen Vorgehen“. Grund: Die Reihung der Kandidaten hatten Kreisvorstand, Ortsvorsitzende und die Chefs von CSU-Lobbygruppen zuvor festgelegt. Das aber, beharrt Bueren, ist Aufgabe der Delegierten. Bei SPD und Grünen — hier entscheiden basisdemokratisch die Mitglieder (siehe nebenstehenden Bericht) — laufe das erheblich besser, befand auch Schlicht.
Kritik, die der Fürther CSU-Kreisvorsitzende Michael Au, selbst auf Rang fünf gesetzt, nicht nachvollziehen mag. In seinen Augen ist alles korrekt verlaufen, sagte er den FN, auch Schlicht habe als Chef der Senioren-Union Kenntnis gehabt. Schon zuvor hatte Au in seiner Ansprache für die Liste geworben: Ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter biete sie und einen — auch dies in den großen Parteien immer aufmerksam beäugt — „Proporz bei den Ortsteilen“. Die Liste werde „sicherlich nicht allen Wünschen gerecht“, aber sie stelle „im Interesse der Stadt eine gute Mischung“ dar.
Zudem finden sich laut Au unter den ersten 20 — jenen Plätzen also, die realistische Optionen auf ein Mandat für die CSU bieten — neben Erfahrenen auch Kandidaten „mit Perspektive“; sie wolle man „an die Verantwortung heranführen“. Peter Brückner (46, Rang 11) und Michael Helgert (49/12) etwa, die Chefs der CSU-Ortsverbände West und Nord, zählen dazu, sowie Thomas Fleischmann (45/13) und Bernhard Winter (36/16), die wie OB-Kandidat Dietmar Helm aus Burgfarrnbach kommen.
Einige amtierende Räte dagegen werfen ihren Hut nicht mehr in den Ring: Helga Middendorf verzichtet ebenso auf die Kandidatur wie Horst Däumler und Petra Guttenberger, die sich auf ihre Arbeit als Landtagsabgeordnete konzentrieren will.
Nun, so der eilends auch noch zum Fraktionschef gewählte Dietmar Helm, gelte es für seine Partei, „sich das Vertrauen zu verdienen“. Denn das, warnt er, „kommt nicht von alleine“.
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