Ukraine-Krieg

Die Wirtschaft ächzt: EU-Sanktionen gegen Russland treffen auch die Region

Luisa Degenhardt

E-Mail zur Autorenseite

12.3.2022, 06:00 Uhr
Die Wirtschaft ächzt: EU-Sanktionen gegen Russland treffen auch die Region

© Foto: Thomas Scherer

Die Welt ist schockiert über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der Menschen zwingt, ihre Heimat zu verlassen. Bis Donnerstag registrierte die Bundespolizei insgesamt 80.035 Geflüchtete aus dem osteuropäischen Staat; die inoffizielle Zahl dürfte deutlich höher liegen. "In allererster Linie ist es die humanitäre Katastrophe, die alle erschüttert", schickt die hiesige IHK-Chefin Maike Müller-Klier vorneweg.

Die Industrie- und Handelskammer nimmt in der momentanen Situation vor allem die Rolle als Ratgeberin ein, berichtet sie. Innerhalb kürzester Zeit habe man eine Internetseite eingerichtet, die Hilfsmaßnahmen von Firmen aus Mittelfranken auflistet und aufzeigt, wo und wie man unterstützen kann. Die zweite Seite, die ebenso zügig auf die Beine gestellt worden sei, kläre die wichtigsten Fragen, die sich Unternehmen gerade stellen.

Denn derzeit gebe es "brutal viele Fragezeichen": Was passiert mit Lieferketten, wo gibt es Produkte, die momentan fehlen, wohin steuert der Energiemarkt, wie läuft der Zahlungsverkehr, was passiert mit bestehenden Verträgen, wie klappt die Ein-, wie die Ausfuhr von Waren?

Es sei "ein ganzer Strauß an Themen, die da gerade enorme Unsicherheit mit sich bringen", so Müller-Klier. Unsicherheit und viele Anrufe bei der IHK gab es auch, als die Pandemie vor zwei Jahren ihren Anfang nahm. Waren die Betroffenen damals hauptsächlich Kleinstbetriebe etwa aus den Bereichen körpernahe Dienstleistungen und Gastronomie, sind es diesmal eher die größeren Firmen.

Noch nichts Konkretes

Als sich das Virus ausbreitete und der Lockdown folgte, sorgten unklar formulierte Regeln für Verwirrung, die Leute wollten wissen, wie sie an Unterstützung kommen. Die wird der Fürther IHK-Chefin zufolge jetzt abermals nötig. Eine Hilfszusage vom Bund gebe es schon, Konkretes liege aber noch nicht vor. Kurzarbeit und Kreditprogramme könnten beispielsweise zum Einsatz kommen.

Die großen Unternehmen versuchen, die Auswirkungen des Kriegs so gut wie möglich abzufedern. Viele bilden laut Müller-Klier Arbeitsgruppen, in denen Mitarbeitende von verschiedenen Standorten und Bereichen vertreten sind. Sie bemühen sich, Lösungen für die sanktionsbedingten Herausforderungen zu finden. Die IHK greift ihnen beispielsweise unter die Arme, indem sie Kontakte zu Stellen vermittelt, die wiederum Fragen beantworten.

Nach IHK-Angaben haben rund 400 mittelfränkische Unternehmen wirtschaftliche Kontakte zur Russischen Föderation. Allerdings, so Müller-Klier, sei Russland für klassische Ex- und Importe nicht mehr so entscheidend, "weil seit den ersten Sanktionen 2014 das Geschäft schon merklich zurückgegangen ist". Damals hatte Russland die Krim annektiert. In der Region gibt es vier Firmen mit Produktionsstätten in der Ukraine, keines der Unternehmen sitzt in Fürth. Betroffen ist trotzdem die ganze Wirtschaft. "So schmerzhaft die Sanktionen sind, sie sind aufgrund der Lage vollends akzeptiert von den Betrieben", unterstreicht Müller-Klier.

Zukünftig müsse man sich mit der Integration der Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind und hier bleiben, auseinandersetzen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es dafür freilich zu früh, denn die Geflüchteten "haben erst mal ganz andere Sorgen und Probleme". Dennoch müsse man Sorge tragen, sie mittelfristig sozial so einzubinden, dass sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

1 Kommentar