Pilotprojekt

Deutschlandweit einmalig: Fränkisches Krankenhaus führt Vier-Tage-Woche im OP ein

Julia Ruhnau

Fürther Nachrichten

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2.11.2023, 21:09 Uhr
Wer in Fürth im Operationssaal arbeitet, kann das ab November an vier statt wie bisher an fünf Tagen die Woche tun.

© Klinikum Fürth, NN Wer in Fürth im Operationssaal arbeitet, kann das ab November an vier statt wie bisher an fünf Tagen die Woche tun.

Im Rahmen eines Pilotprojekts führt das Klinikum ab November dort die Vier-Tage-Woche ein. Das schien lange undenkbar, sagt Prof. Dr. Christoph Raspé, Chefarzt für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie und stellvertretender Ärztlicher Direktor. "Laut unserer Recherche sind wir damit deutschlandweit die erste Klinik, die dieses neue Arbeitszeitmodell im OP wagt."

Dabei seien die Operationssäle prädestiniert für den Versuch. Die Vier-Tage-Woche ermögliche eine bessere Work-Life-Balance, verbessere die Versorgungsqualität und die Sicherheit für Patientinnen und Patienten. "Im OP kommt es vor allem werktags in der Kernarbeitszeit von 7.30 Uhr bis 15 Uhr durch geplante OPs, ungeplant längere OP-Zeiten, zusätzliche Notfälle oder dringliche Eingriffe zu einer extrem hohen Arbeitsbelastung, die mit Überstunden für die Mitarbeitenden verbunden ist", erklärt Raspé.

Belastungsspitzen auffangen

Das neue Arbeitszeitmodell soll hier Abhilfe schaffen. Denn durch die Verteilung der Stunden auf vier Tage könne man Belastungsspitzen und damit auch Überstunden reduzieren. Im Klartext heißt das: längere Arbeitstage, dafür an den restlichen Tagen mehr Freizeit.

Das Klinikum gibt dafür ein Beispiel. Waren bisher elf Dienste in 14 Tagen zu besetzen, werden es ab November nur noch acht bis neun Dienste in 14 Tagen sein. Heißt: Statt drei freien Tagen in zwei Wochen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im OP nun sechs freie Tage. "Das bedeutet natürlich mehr Flexibilität in der Freizeitgestaltung und eine noch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie", so Raspé.

Doch nicht nur für Ärzte, Pflegekräfte oder anästhesietechnische Assistenten, die in den Operationssälen des Klinikums tätig sind, bietet das Pilotprojekt Vorteile. Die Vier-Tage-Woche erhöhe auch die Patientensicherheit, glauben die Verantwortlichen. Weniger Personalwechsel und -übergaben führten zu einer besseren Versorgungsqualität.

Mitarbeiter haben die Wahl

Wer mit dem neuen Modell nicht so viel anfangen kann, muss übrigens nicht mitziehen: "Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Wahl, ob sie die Vier-Tage-Woche ausprobieren oder bei der klassischen Fünf-Tage-Woche bleiben möchten", sagt Sergej Schlündt, Leiter der OP- und Anästhesiepflege am Klinikum. Für alle, die mitmachen, läuft das Pilotprojekt vorerst für sechs Monate. Danach wird ausgewertet.

Entwickelt wurde das neue Arbeitszeitmodell unter Berücksichtigung der entsprechenden arbeitsrechtlichen Vorgaben zusammen mit dem Personalrat und den zuständigen Führungskräften. "Mit der Vier-Tage-Woche reagieren wir auf die Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden", so Schlündt. Alle anderen Arbeitszeitmodelle werden weiterhin angeboten. So stehen neben Teilzeit etwa auch sogenannte "Kita"-Dienste mit verkürzten Arbeitszeiten zur Wahl.

Das Klinikum ist finanziell aktuell in einer schwierigen Lage, hat 2022 ein Defizit von etwa zehn Millionen Euro angehäuft. Der neue Vorstand Alexander Mohr hat vor diesem Hintergrund zuletzt Sofortmaßnahmen zur Unterstützung gefordert.

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