Ansturm auf Fahrradhändler: "Die Hersteller sind am Limit"
1.7.2020, 07:00 Uhr"Wir hatten zwei Tage komplett zu", erinnert sich Peter Mlady vom gleichnamigen Fahrradgeschäft in Oberasbach an den Beginn der Corona-Pandemie. Weil sie als systemrelevant eingestuft wurden, durften die Werkstätten weiter für die Kundschaft da sein. Und die kam von Anfang an in Scharen. "So etwas habe ich in über 20 Jahren nicht erlebt", sagt Mlady, aus dessen Familie mehrere Radball-Weltmeister stammen.
Manch einer habe seinen seit Jahren eingemotteten Drahtesel während der Homeoffice-Zeit aus dem Keller geholt und für eine Generalüberholung in die Rothenburger Straße gebracht. "Es war alles dabei und wir konnten dem Ansturm nur mit Schichtbetrieb und strenger Terminvergabe Herr werden." Seit Ende April dürfen Räder auch wieder verkauft werden.
Mlady hatte lange vor Corona sein Lager gut gefüllt. Über 900 Stück umfasste es einmal, knapp die Hälfte davon hat inzwischen einen neuen Besitzer gefunden. "Es gibt aktuell genügend Auswahl, die Hersteller sind aber am Limit", sagt er. Das führe zu Engpässen bei Einzelteilen.
Davon berichtet auch Gerd Adamski von "Southpark Cycles" in der Schwabacher Straße in Fürth. Drei Jahrzehnte im Fahrradgeschäft hat er schon hinter sich, nach der Wiedereröffnung "war hier die Hölle los". Sein Augenmerk gilt weniger den momentan populären E-Bikes, als vielmehr einem Sortiment für den ambitionierten Fahrer. "Ich habe einen sportlichen Laden", sagt der 52-Jährige. Daher verkauft er mehr Modelle ohne Hilfsmotor. Er ist zufrieden mit seinen diesjährigen Verkaufszahlen, auch wenn er ein endgültiges Fazit erst am Jahresende ziehen könne.
Eines seiner Steckenpferde sind sogenannte "Gravel-Bikes", deren Rahmengeometrie an Rennräder angelehnt ist, die jedoch stabilere Reifen und Felgen haben. "Das ideale Rad für ausgedehnte Touren, etwa auf den Schotterwegen am Kanal", so Adamski.
Auch Oliver Seitz von Zentralrad in der Moststraße kann sich nicht über ausbleibende Kundschaft beschweren – im Gegenteil: "Wir sehen einen exorbitanten Nachfrageanstieg." Besonders begehrt seien momentan Räder ohne elektrische Unterstützung. Gerade für die Stadt kaufen seine Kunden gerne leichte, besonders hochwertig ausgestattete Drahtesel, "die ich dann auch am Abend ohne viel Kraftaufwand in den Keller oder die Wohnung tragen kann". Denn solche Luxusausführungen, die bis zu 5000 Euro kosten können, sind gefragtes Diebesgut.
Kürzlich hat Seitz ein Herrenrad für über 6000 Euro an den Mann gebracht. Der Käufer entschied sich fürs Firmenleasing. "Eine Variante, die gerade nach Corona sehr stark nachgefragt wird", berichtet Seitz.
Beratung ist wichtig
Offenbar hat die Pandemie bei manch einem Arbeitnehmer zum Umdenken geführt: Dienstrad statt Dienstwagen. Beim Firmenleasing wird ein Teil vom unversteuerten Lohn für die Finanzierung herangezogen. Raten für ein mehrere tausend Euro teures Rad bewegen sich dabei im mittleren zweistelligen Bereich, so der 45-Jährige.
Wichtig, so Seitz, sei stets eine intensive Beratung. Deshalb hält er auch nichts von Internetkäufen ohne Probefahrt. Zu groß sei die Gefahr, dass sich der fahrbare Untersatz nach einigen Kilometern als Folterinstrument entpuppt. Also doch lieber in die Fachgeschäfte, wo man hofft, dass der Boom anhält.
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