Wie ökologisch ist das Zukunftsmuseum?
28.5.2021, 05:55 UhrMuseumsneubauten liegen im Trend. Klimaschutz auch: In Regensburg präsentiert sich das Museum der Bayerischen Geschichte als "Passivhaus" mit einer hervorragenden Energieeffizienz. Das Futurium in Berlin, ein ebenfalls 2019 eröffnetes "Haus der Zukünfte", wirbt damit, ein Niedrigst-Energiehaus zu sein und setzt mit Solarthermie und Photovoltaik ganz auf das Potenzial regenerativer Energien.
Und in Nürnberg? Hier entsteht gerade ein Ableger des Deutschen Museums in München. Mit dem vielversprechenden Namen: Zukunftsmuseum. Doch wer dort auch ein visionäres Energiekonzept erwartet, wird enttäuscht. Dabei sind Kultureinrichtungen ein nicht zu unterschätzender Faktor der Klimabilanz.
Kommentar: Visionär nur in der Präsentation
Beim Errichten des Zukunftsmuseums am Nürnberger Augustinerhof sei "kein spezielles Augenmerk" auf den Klimaschutz gelegt worden, räumte Josef Daum von der alpha-Gruppe im vergangenen Jahr im Gespräch mit unserer Zeitung ein. Die alpha-Gruppe ist bekanntlich Bauherr und Vermieter des Museums, das im Sommer eröffnet werden soll.
Keine Vollklimaanlage
"An vorderer Stelle stand, ein hochwertiges Gebäudeensemble zu errichten, das sich architektonisch in die Bebauung der Altstadt einfügt und trotz restriktiver Rahmenbedingungen einer Altstadtbebauung Standards im Hinblick auf ökologische Ansprüche erfüllt beziehungsweise übererfüllt", betont Torsten Schnabel, Ingenieur für Bauwesen bei der alpha-Gruppe, nun auf Nachfrage.
Standard statt Visionen? Immerhin greife man bei der Energieversorgung des Museums bei Strom und Fernwärme auf das ökologisch saubere Angebot der N-Ergie zurück. Außerdem wurde auf eine Vollklimaanlage verzichtet, die Dämmungen seien in Qualität und Dicke überdurchschnittlich, die Verglasung hochwertigst.
Fazit: "Die Energiebilanz des Zukunftsmuseums liegt über der eines KfW70-Hauses", sagt Schnabel von der alpha-Gruppe, an die das Deutsche Museum bei Nachfragen zum Bau in Nürnberg verweist.
Doch kann man damit punkten? "KfW70 ist für Neubauten der absolute Mindeststandard", erklärt Kathrin Valvoda, Referentin der Beratungsstelle Energieeffizienz und Nachhaltigkeit der Bayerischen Architektenkammer. Eine bauliche Standardlösung also. Und das für ein Museum, das den Anspruch hat, in die Zukunft zu zeigen. Eine Frage, die bei diesem erklärten Lieblingsprojekt von Markus Söder offenbar keiner gestellt hat.
"Solarflächen nicht möglich"
Denn selbst mit der Technologie von heute geht es in Sachen Energiebilanz deutlich besser als der Standard KfW70. Der besagt laut Valvoda, dass der Primärenergiebedarf im Jahr 30 Prozent unter dem im Gebäudeenergiegesetz festgelegten Referenzhaus liegt.
"Wer im privaten Bereich Fördermittel vom Staat haben will, muss mittlerweile mindestens KfW55 erreichen, besser noch KfW40 oder gar KfW40plus", erklärt Martin Brandis von der Energieberatung der Verbraucherzentrale.
Offene Fragen trüben Blick in die Zukunft
Dafür müsse man dann Strom direkt am Gebäude erzeugen - zum Beispiel durch Solaranlagen. Deren Einsatz zu prüfen, sei seit Herbst 2020 bei Neubauten sogar Vorschrift, erklärt der Experte: "Man muss einen guten Grund haben, sich dagegen zu entscheiden." Als das Nürnberger Zukunftsmuseum geplant wurde, galt diese Vorschrift allerdings noch nicht.
Gegen die konventionelle Nutzung von Sonnenenergie am Standort des Zukunftsmuseums gab und gibt es Gründe, die auf der Hand liegen: "Solarfassaden oder Solardächer sind in der Nürnberger Altstadt nicht durchzusetzen", sagt Schnabel. Ebenso wenig wie Anlagen für Windkraft. Und Erdwärme? "Leider an der Stelle auch nicht möglich." So bleibt nur, die Zukunft in einem Haus zu präsentieren, dessen energetische Bauweise von der Vergangenheit bestimmt wird.
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