Kommentar: Die Diskussion um "Pinky Gloves" greift viel zu kurz

20.4.2021, 15:58 Uhr
Ralf Dümmel wird doch keine "Pinky Gloves" verkaufen.

© Henning Kaiser, dpa Ralf Dümmel wird doch keine "Pinky Gloves" verkaufen.

Es wird also nichts mit den "Pinky Gloves" - Investor Ralf Dümmel und die beiden "Frauenversteher" und Firmengründer André Ritterswürden und Eugen Raimkulow ziehen ihr Produkt zurück. Der mediale Shitstorm hatte die Entscheidung alternativlos gemacht, wer will schon ein Produkt bewerben und verkaufen, das im Netz bereits den Stempel "frauenfeindlich und umweltschädlich" bekommen hat.

Das Ganze ist schon merkwürdig. Zwar haben die vielen Frauen (und Männer), die die pinken Hygienehandschuhe kritisierten, durchaus Recht – wenn man die weibliche Periode als etwas Natürliches betrachtet, ist dieses Produkt im besten Fall überflüssig. Nur ist es damit nicht allein. Es reiht sich ein neben unendlich vielen weiteren überflüssigen Produkten, die in Deutschland und weltweit produziert werden.


Auf so vielen Ebenen falsch: Wenn Cis-Männner Frauen die Periode erklären


Die "Pinky Gloves" sind aber auch frauenfeindlich, weil sie suggerieren, Frauen müssten sich für ihre Periode schämen. Außerdem sind die Handschuhe nicht nachhaltig – sie sind schließlich aus Plastik. Auch hier: Es gibt unendlich viele Produkte, die über die Werbung Frauen signalisieren, dass sie an ihrem Aussehen oder ihrem Körper etwas verändern müssten, dass sie Männern gefallen müssten. Und es gibt unendlich viele Produkte, die aus Plastik sind oder aus irgendeinem anderen Grund nicht nachhaltig.

Der Ärger über die "Pinky Gloves" ist gerechtfertigt, dahinter steckt aber ein viel größeres Problem. Die Wirtschaft schert sich nicht um Moral, politische Korrektheit oder ethische Grundsätze. Die Wirtschaft funktioniert über Angebot und Nachfrage. Wenn es Kunden gibt, die Panzer oder Drohnen oder Mittelstreckenraketen kaufen wollen, dann werden Panzer, Drohnen und Mittelstreckenraketen produziert.

Die Macht der Konsumenten

Firmen interessieren sich meist erst dann für Moral, wenn ihre Nachfrage davon betroffen ist. Es gibt sie schon, diese viel zu oft zitierte Macht der Konsumenten. Ein Shitstorm hat nun die pinken Handschuhe verhindert. Gut so! Weitergehen sollte es mit zahllosen Produkten, die unter himmelschreienden Bedingungen produziert werden und zweifelhafte Botschaften transportieren – von Lebensmitteln über Bekleidung und Technik bis zum bereits erwähnten Kriegsgerät.

Hier sind aber nicht nur die Aktivistinnen und Aktivisten, die Konsumentinnen und Konsumenten gefragt, sondern auch die Politik, die sich viel zu selten traut, der Wirtschaft auf die Finger zu schauen – und auch zu hauen, wenn nötig.

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