Kartoffel-Check
Vielseitig und gesund: Das steckt in der Kartoffel
11.5.2021, 08:45 UhrGestatten, ich heiße Kartoffel. Aber mit der Anrede ist es ja so eine Sache – selbst im Gemüsefach. Erkläre mir zum Beispiel mal einer, warum sie in der Oberpfalz "Erdäpfl" zu mir sagen, "Erdbirn" dagegen im westlichen Mittelfranken? Äpfel oder Birnen: Können die ihr eigenes Obst nicht unterscheiden?
Okay, beide benennen heimische Früchtchen. Und als "Zugereiste" musste ich mich im 17. Jahrhundert erst mal integrieren. Auch sprachlich. "Bodaggn" haben sie mich im Raum Erlangen-Nürnberg-Forchheim getauft. Klingt exotisch. Ist es auch.
Die Friedrich-Alexander-Universität hat erforscht, dass das Wort "Potake" wahrscheinlich der Indianersprache Haitis entstammt. Meine Wurzeln liegen in Südamerika und seither bin ich ganz schön rumgekommen. Wie ein mediterraner Bodenschatz fühl ich mich zum Beispiel, wenn man mich beim Familiennamen Kartoffel anspricht. Heißt auf Italienisch "tartufolo" – kommt also von Trüffel.
Leider wurde mein Name oft als Schimpfwort missbraucht. Wer mich allerdings "altes Nachtschattengewächs" heißt, beweist Kenntnis von meiner wahren Natur. Denn so ein Sensibelchen wie etwa der Spargel bin ich nicht, eher ein genügsames Gemüse, dem "arme", raue Äcker taugen. Nach der Ernte ist mir jeder dunkle Keller recht.
So vielseitig ist die Kartoffel
Dass die Menschen leider manchmal etwas brauchen, bevor sie wahre, innere Werte zu schätzen wissen, hab' ich kapiert. Eine Zeit lang warfen sie mich ja auch nur ihren Schweinen zum Fraß vor. Aber ich bin nicht nachtragend! Und längst geht ihre Liebe zu mir durch den Magen. Bauchgefühle sind auch Gefühle!
Hoher Nährstoffgehalt: Das steckt in der Kichererbse
Dass mich Spitzenköche zu schätzen wissen, tut mir natürlich gut. So ein Häuptling des Herdes ist zum Beispiel der Nürnberger Stefan Rottner. Wie mir zu Ohren kam, hat er sogar schon mal Südamerika im Zeichen der Kartoffel bereist. "Fünftausend Sorten an den Gebirgshängen der Anden – Wahnsinn. Da wird man schon ein wenig demütig".
In der Küche vom Gasthaus Rottner spiele ich mit meiner Sippe quer durchs Menü bis hin zur gehobenen Küche eine maßgebliche Rolle. "Chapeau!", sagt der Hausherr schon mal augenzwinkernd zu mir.
Ihm selbst schmecke ich "als Bamberger Hörnchen am besten". Weil ich da so fest und nussig rüberkomme, wie er mir zuhaucht. Auch "als schloziger Kartoffelsalat zum gebackenen Karpfen" könne ich ihn erfreuen. Gerne. Ähm, Stefan – (Frau Rottner, hören Sie mal kurz weg) – ich glaube, wir zwei sind ein Dreamteam - und für meine unglaubliche Vielseitigkeit gebe ich mir einfach selbst fünf von fünf Punkten.
Der Gesundheits-Check
Fast schon sexy find ich ja, dass mich manche lieber in Schale geworfen genießen wollen, andere dagegen enthüllt. Von der klassischen Kartoffelküchen-Frage, mehlig oder festkochend, ganz zu schweigen. Letztlich alles Verwandtschaft. Und die ist echt groß. Dass da Auswüchse vorkommen, liegt in der Natur der Sache.
Ob wir nun als "Bauchstecherla" oder "Dotsch" zubereitet werden, als Auflauf, Salat oder böhmischer "Bröselbart" die Geschmäcker bedienen – wen kratz's? Nur wenn sie uns für ihre Pommes in Fett ertränken und in Salz ersticken, geben wir für die Bekömmlichkeit keine Garantie. Wo wir doch naturbelassen keine Fette, dafür umso mehr Stärke, Ballaststoffe, Eiweiß und Mineralien enthalten.
Und anders als etwa Nudeln machen wir nicht so schnell dick – um die anderen Genossen aus der Fraktion der Kohlenhydrate mal zu erwähnen. Wo der Reis 345 Kalorien (pro 100 Gramm) auf die Waage hievt und die Nudeln gar 362, sind es bei mir schlanke 68.
Bei aller Freude: Manchmal werde ich schon wehmütig. Dann, wenn ich an den Duft der Kartoffelfeuer denke. Bis in die 1970er Jahre gab es dieses kleine Abenteuer noch, dass Kindergartengruppen zum Beispiel in der "Erdäpflpfalz", der steinigen Oberpfalz, zur Erntezeit zu den Äckern wanderten. Um Kartoffeln in der Glut zu backen. Ich glaube nicht, dass es dem Immunsystem schadet, wenn man ein bisschen Dreck am Stecken hat - am Kartoffelfeuer. Auch deshalb wieder: fünf Punkte für mich.
Die Umweltbilanz
Von wegen also knittrige Knollennase. Anders als der Reis haben wir Kartoffeln keine weiten Anfahrtswege. Damit hübschen wir die Ökobilanz auf - erneut volle Punktzahl.
"Äpfl" und "Birn": Soll das Obst ruhig mit den höheren Etagen vorlieb nehmen. Ich spar mir den Frust mit Licht und Frost? Gut geerdet bin ich fein raus.
Mehr Informationen in unserer Rubrik Essen und Trinken!
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen