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Tempo 30 in Niederndorf: Das könnte passieren
23.6.2023, 19:00 UhrTempo 30 in Niederndorf? Diese Idee wurde unter anderem von Herzogenaurachs Grünen-Stadtratsfraktion formuliert, nachdem die Südumfahrungspläne der Stadt per Bürgerentscheid im Mai 2022 vorerst auf Eis gelegt worden waren. Daraufhin hat die Stadt Herzogenaurach beim darauf spezialisierten Büro "SSP Consult Beratende Ingenieure GmbH" eine Studie in Auftrag gegeben, die verschiedene Varianten zur Verkehrsberuhigung durchspielt. Die Ergebnisse wurden der Öffentlichkeit im Rahmen eines Informationsabends im Vereinshaus vorgestellt.
In Nürnberg gelebt
Eingangs erwähnte Dr.-Ing. Matthias Kölle vom Planungsbüro, der die Ergebnisse der Studie referierte und kommentierte, dass er zwar inzwischen von München aus arbeiten würde, aber lange in Nürnberg und Umgebung gelebt habe und die Verhältnisse in Herzogenaurach aus eigener Anschauung kennen würde. Sein Vortrag zeugte dann auch spürbar von Ortskenntnis, wurde aber in einigen Punkten dennoch kritisiert. Weil das von Kölle vorgelegte Zahlenmaterial aus Sicht der Kritiker nicht mehr zeitgemäß sei.
Vier Planfälle vorgestellt
Kölle stellte vier Planfälle und deren mögliche Konsequenzen vor. Basis ist der Autoverkehr des Jahres 2015, ergänzt um die Studie zur Südumfahrung von 2017; hochgerechnet wird auf das Jahr 2035 als "Ergebnis-Horizont". Hier hakten jene ein, welche die Ergebnisse der Studie nicht zu 100 Prozent akzeptieren wollen. Im Plenum der Infoveranstaltung meldeten sich unter anderem die Protagonisten der Bürgerinitiative zu Wort, die 2022 das Bürgerbegehren gegen die Südumfahrung auf den Weg gebracht und den Entscheid an der Wahlurne letztlich auch gewonnen hatte. Die Studie, so der zentrale Vorwurf, bilde die realen Verhältnisse in der Gegenwart des Jahres 2023 nicht ab, wenn sie mit statistischen Zahlen aus 2015 operiere.
Ansatz verteidigt
Matthias Kölle verteidigte den Ansatz und wies darauf hin, dass die Vergleichbarkeit gegeben sein müsse. Dass die Corona-Pandemie zu einem gewissen Paradigmenwandel im Arbeitsleben geführt hat, dass der Homeoffice-Anteil zu- und die Zahl der Ein- und Auspendler in Herzogenaurach abgenommen hat, räumte Kölle zwar ein, prognostizierte aber dennoch für jeden der durchgespielten Planfälle eine deutliche Zunahme des Verkehrs in anderen Straßen Herzogenaurachs, wenn Niederndorf "befriedet" werde. Davon abgesehen, dass bei Eingriffen in Staats- und Kreisstraßen die jeweiligen Verantwortlichen ihr Plazet geben müssten.
Kurze oder lange Tempo-30-Zone
Planfall eins geht von einer vergleichsweise kurzen Tempo-30-Passage in Niederndorf auf der Hauptstraße zwischen Ortstafel West und der Kreuzung mit der Vacher Straße aus. Diese Lösung, das machte Matthias Kölle unmissverständlich klar, würde kaum Einfluss auf den Durchgangsverkehr haben, das Verkehrsaufkommen in der Rathgeber- und Flughafenstraße aber dennoch spürbar erhöhen.
Deutlich massiver wäre der Verkehrseingriff bei Planfall zwei, bei dem die Tempo-30-Zone schon am Ortsschild des Erlanger Stadtteils Neuses beginnen würde, auch hier käme es nicht zu weniger Verkehr, sondern nur zu dessen Verlagerung. Ähnliche Ergebnisse hätte Planfall drei, der wie Planfall eins mit einer kurzen 30er-Passage operieren würde, aber ein sternförmiges Lkw-Verbot ab 7,5 Tonnen für Niederndorf vorsähe. Planfall 4 spielt mit dem Gedanken, nur ein Schwer-Lkw-Verbot auszusprechen, aber an der jetzt in der Niederndorfer Hauptstraße geltenden Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern nichts zu ändern.
"Verkehr löst sich nicht auf"
"Um es klar zu sagen: In keinem der Planfälle löst sich der Verkehr einfach auf, es wird immer zu einer Verlagerung kommen", betonte Matthias Kölle im Fazit seiner Ausführungen. Leidtragende wären beispielsweise die Anwohner der Rathgeberstraße, in der sich vor einiger Zeit auch eine Bürgerinitiative gegründet hat, die ihrerseits Druck auf die Stadt betreffs einer schlüssigen Lösung des Verkehrs-Dilemmas macht.
Grundsätzliche Mobilitätswende gefordert
Obwohl die Stadt-Umland-Bahn in die Planfälle einbezogen wurde, sieht Matthias Kölle für die nächsten zehn bis zwölf Jahre ein massives Anwachsen des Individual- und auch des Schwerverkehrs. Fragt man die Südumfahrungs-Gegner, dann braucht es eine grundsätzliche Mobilitätswende mit weniger Autos im Stadtgebiet. Die Zukunft bleibt ungewiss.