Sorge vor Rechtsextremismus

NS-"Krankenmorde": Lebenshilfe Erlangen erinnert an Opfer des Nationalsozialismus

25.1.2024, 17:49 Uhr
In Erlangen soll im Mittelteil dieses Gebäudes der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt ein Gedenkort für die Opfer der NS-Krankenmorde eingerichtet werden. Im Bild ist noch das vollständige Gebäude zu sehen, in den letzten Jahren wurden weite Teile davon abgerissen.

© Harald Sippel, NN In Erlangen soll im Mittelteil dieses Gebäudes der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt ein Gedenkort für die Opfer der NS-Krankenmorde eingerichtet werden. Im Bild ist noch das vollständige Gebäude zu sehen, in den letzten Jahren wurden weite Teile davon abgerissen.

Die Lebenshilfe Erlangen steht für Vielfalt, Teilhabe und Inklusion. Sie tritt seit mehr als 60 Jahren gegen jegliche Form von Ausgrenzung und Diskriminierung ein. In einer Pressemitteilung macht die Lebenshilfe Erlangen nun deutlich, dass sie das Erstarken rechtsextremistischer Strömungen und der AfD für überaus besorgniserregend hält.

Menschenverachtende Ansichten, Hass und Hetze

Deren menschenverachtenden Ansichten und ihre Politik seien mit der Lebenshilfe nicht vereinbar, heißt es in der Mitteilung. "Von Hass und Hetze gegen Andersdenkende, gegen Migrantinnen und Migranten, Homosexuelle, um nur einige zu nennen, ist es bis zu Menschen mit Beeinträchtigung nicht mehr weit."

Angesichts der politischen Entwicklungen gelte es heute mehr denn je, die Erinnerung wachzuhalten. Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar müsse der Blick auch auf die Opfer der NS-Krankenmorde gerichtet werden, betont die Lebenshilfe Erlangen.

Systematische Tötung

"Volksschädlinge, Ballastexistenzen, lebensunwert": Die Lebenshilfe Erlangen erinnert daran, dass dies die Bezeichnung der Nationalsozialisten für Menschen mit (geistiger) Behinderung und psychischer Erkrankung war. Sie wurden ab 1940 systematisch getötet und die Gesamtzahl der sogenannten „Euthanasie“-Opfer in Deutschland wird auf mindestens 250.000 Menschen geschätzt. Auch die ehemalige Heil- und Pflegeanstalt „Hupfla“ in Erlangen sei involviert gewesen. Im Jahr 1932 habe der Erlanger Psychiater Berthold Kihn schon über die "Ausschaltung der Minderwertigen aus der Gesellschaft" referiert.

Bereits 2018 habe die AfD-Fraktion an die Bundesregierung eine kleine Anfrage gestellt. Darin habe sie unter anderem wissen wollen: „Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Behinderten seit 2012 entwickelt, insbesondere die durch Heirat innerhalb der Familie entstandenen?“ Außerdem habe die Partei gefragt, wie viele Fälle der durch Heirat in der Familie entstandenen Behinderungen einen Migrationshintergrund hätten. „Es kann einem wirklich angst und bange werden. Rassistische und menschenverachtende Ideologien bedeuten auch eine große Gefahr für Menschen mit Beeinträchtigung, vor allem auch für jene mit so genannter geistiger oder mehrfacher Beeinträchtigung“, sagt Frank Morell, Vorstandsvorsitzender der Lebenshilfe Erlangen.

Vortrag von Prof. von Cranach: "Den Opfern einen Namen geben"

Aus Anlass des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus lädt die Stadt Erlangen für Sonntag, 28. Januar, ab 11 Uhr im Palais Stutterheim (Marktplatz 1) zu einer Gedenkveranstaltung ein. Im Zentrum steht ein Vortrag zur Bedeutung von Erinnerungskultur mit dem Titel „Den Opfern einen Namen geben“ von Professor Michael von Cranach aus München.

Michael von Cranach berichtet von seinen Forschungen zur Geschichte der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren und über deren Rolle im Rahmen der Krankenmorde. Mit der Veröffentlichung seiner Erkenntnisse setzte Cranach, der das Bezirksklinikum Kaufbeuren von 1980 bis 2006 leitete, einen Prozess in Gang, der zur Dokumentation der NS-Verbrechen in allen bayerischen Psychiatrien führte und wesentlich dazu beitrug, das Verdrängen und Verschweigen der Vergangenheit zu überwinden.

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