Wasserressourcen im Fokus
Erlanger Geowissenschaftler erhält 1,7-Millionen-Förderung für Gletscherforschung in den Tropen
8.2.2024, 10:19 UhrEine Flutwelle rollt auf ein Bergdorf zu. In einer nahegelegenen Stadt wird das Wasser knapp. Was klingt wie ein Katastrophen-Film ist in den tropischen Anden Realität. Denn die Gletscher schrumpfen.
Dr. Thorsten Seehaus, Dozent am Lehrstuhl für Geographie und Geowissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), untersucht deshalb, wie sich Gletscher in den letzten 70 Jahren entwickelt haben und wie ihre Zukunft aussieht. Für das Projekt hat Seehaus eine Emmy-Noether-Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erhalten.
Perus Eislandschaften: lebenswichtig und bedrohlich zugleich
Der Rückgang der Eislandschaften in den tropischen Anden wirkt sich nicht nur auf lokale Ökosysteme aus: Einerseits gehen die Wasserressourcen zurück, andererseits steigt das Risiko für Überschwemmungen. Die beiden gegensätzlichen Extreme schließen sich dabei nicht aus.
„Gletscher sind lebenswichtige Wasserquellen, besonders während der Trockenzeit“, erklärt Seehaus. Denn die Eismassen funktionieren während Dürreperioden wie ein Puffersystem. „Das Schmelzwasser ist wichtig für die Bewässerungssysteme in den Städten, den Bergbau und beispielsweise Wasserkraftwerke.“ Weniger Gletschermasse bedeutet also auch weniger gespeichertes Wasser, auf das die Bevölkerung zurückgreifen kann.
Historische Daten für die Zukunft
Gleichzeitig können schmelzende Gletscher aber auch großen Schaden anrichten – beispielsweise, wenn sich ein bis zu einem Kilometer langer Gletschersee bildet, der Damm bricht und eine Flutwelle in das Tal rauscht. „In Peru gab es deshalb viele Unglücke. Durch eine gesichertere Prognose könnten wir besser herausfinden, wo und wann sich neue Seen bilden könnten.“
Seehaus möchte deshalb im geförderten Projekt herausfinden, wie sich die Gletscher in der Vergangenheit verändert haben und wie sie sich in Zukunft entwickeln werden. Sein Hauptziel ist, die Messung und Vorhersage von Gletscheränderungen zu verbessern. Dafür konzentriert er sich auf spezifische Regionen und erstellt genaue Daten über sie, beispielsweise wie dick die Eisschicht der Gletscher vor Ort ist. Außerdem erforscht er, wie der Gletscherrückgang mit Veränderungen im Klima zusammenhängt.
Emmy-Noether-Gruppe im Aufbau
Einen wichtigen Teil der Daten erfasst Seehaus über Satellitenbilder oder historische Luftbildaufnahmen. Denn nicht nur aktuelle Erkenntnisse sind wichtig: „Wenn ich Daten aus einem kürzeren Zeitraum analysiere, sind die Vorhersagen, die damit kalibriert werden, weniger präzise. Bei Daten über einen längeren Zeitraum bekomme ich dagegen eine gesichertere Prognose“, sagt Seehaus.
Das Projekt „Die vergangene, aktuelle und zukünftige Entwicklung der Gletscher in den Tropischen Anden“ braucht eine Menge an Daten, Zeit und Arbeitskraft. Deshalb wird das innovative Forschungsvorhaben des Erlanger Wissenschaftlers mit 1,7 Millionen Euro gefördert. Die Gelder fließen unter anderem in das Personal und in Expeditionen in die Anden, um vor allem die Eisdicken vor Ort zu messen.
Das Emmy-Noether-Programm ermöglicht es qualifizierten Postdocs und Juniorprofessorinnen und -professoren in einer frühen Phase ihrer wissenschaftlichen Laufbahn, die Leitung einer Emmy-Noether-Gruppe zu übernehmen. In einem Zeitraum von sechs Jahren sollen sich die Leiterinnen und Leiter so für eine Hochschulprofessur qualifizieren.
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