Der Rother Marktplatz und die Autos: Wenn sich Geschichte wiederholt

5.6.2021, 07:04 Uhr
Der Rother Marktplatz Ende der 1920-er Jahre. Das „Stadtbräustübl“ ist noch Clublokal des „Arbeiter Turn- und Sportbundes“. Auf dem Riffelmacherhaus thront ein überdimensionales Isolatorengerüst. Die Idylle mit schönen Akazien um den Marktbrunnen freilich hat keinen Bestand in dieser Zeit. Die Akazienbäume werden durch einige wenige Linden ersetzt, damit die NSDAP am Marktplatz genug Platz für ihre Aufmärsche hat.

© Foto: Archiv Der Rother Marktplatz Ende der 1920-er Jahre. Das „Stadtbräustübl“ ist noch Clublokal des „Arbeiter Turn- und Sportbundes“. Auf dem Riffelmacherhaus thront ein überdimensionales Isolatorengerüst. Die Idylle mit schönen Akazien um den Marktbrunnen freilich hat keinen Bestand in dieser Zeit. Die Akazienbäume werden durch einige wenige Linden ersetzt, damit die NSDAP am Marktplatz genug Platz für ihre Aufmärsche hat.

Das eingangs angeführte Zitat stammt von einem der Rother Polizeichefs angesichts von kaum noch beherrschbaren Blechlawinen, an denen in den 1980-er- und 1990-er Jahren das Zentrum zu ersticken drohte. "Stadträte sind die Totengräber der Innenstadt", lautete Jahre später ein weiterer Spruch, der aufhorchen ließ. Diesmal war es dem damaligen Vorsitzenden der Werbegemeinschaft auf dem zur Fußgängerzone umfunktionierten Marktplatz zu ruhig geworden.

Außerdem hat sich für den innerstädtischen Einzelhandel angesichts von Internet, der Valentin- und Rothmühl-Passagen sowie einer Reihe von Fachmärkten an der Peripherie Roths die Konkurrenzsituation erheblich verschärft. Inzwischen haben die beiden Passagen als erhoffte Anziehungspunkte längst ausgespielt. Gähnende Leere zwischen den Läden und leer geräumten Schaufenstern geben derzeit ein trostloses Bild ab.

In der Nachkriegszeit pulsiert zunächst das automobile Leben auf dem Marktplatz. Der Marktbrunnen muss sich mit einem Verkehrsinselchen begnügen. Zu Beginn der 1970-er Jahre sehnen die Rother die Eröffnung der B 2-Umgehungsstraße herbei. Vor dem Nadelöhr am nördlichen Marktplatzbereich bilden sich fast tagtäglich kilometerlange Staus.

In der Nachkriegszeit pulsiert zunächst das automobile Leben auf dem Marktplatz. Der Marktbrunnen muss sich mit einem Verkehrsinselchen begnügen. Zu Beginn der 1970-er Jahre sehnen die Rother die Eröffnung der B 2-Umgehungsstraße herbei. Vor dem Nadelöhr am nördlichen Marktplatzbereich bilden sich fast tagtäglich kilometerlange Staus. © Foto: Archiv

In der Innenstadt aber kämpfen nach wie vor die meisten Einzelhändler ums Überleben. Den Laden im wortwörtlichen Sinne wieder flott zu bekommen ist angesichts der derzeitigen Stimmungslage und den Corona-bedingten Einschränkungen eine wahre Herkulesarbeit. Ob auf dem Marktplatz zusätzliche Kurzzeitparkplätze und eine freie Durchfahrt, wie vom Stadtrat jüngst beschlossen, ein praktikables Mittel für eine Trendwende darstellen, darüber scheiden sich in der Bevölkerung die Geister. Auf alle Fälle ist bei der Umsetzung der städtischen Pläne jede Menge Fingerspitzengefühl gefragt.

Marktplatz oder Parkplatz?

Klar, der mit dem Rücken zur Wand stehende innerstädtische Einzelhandel braucht schnellstmögliche Hilfe und Unterstützung. Ansonsten bleibt die immer wieder ins Auge gefasste Belebung des Zentrums eine Fata Morgana. Andererseits erinnern sich gerade die älteren Rother mit Grausen an Zeiten, in denen der Marktplatz zum reinen Parkplatz degradiert worden war und der Durchgangsverkehr dem an und für sich beschaulichen Ambiente jede Ausstrahlung nahm.

Niemand kann sagen, dass in der Vergangenheit von Stadt und Gewerbetreibenden keine Anstrengungen unternommen wurden, um die Bevölkerung anzuregen, ihre Besorgungen wieder mehr im Zentrum zu erledigen. Es wurde um jeden Preis renoviert, gebaut und gepflastert sowie Veranstaltungsideen im großen Stil umgesetzt. Verkehrsberuhigt oder reine Fußgängerzone? Beides kam in den vergangenen Jahrzehnten auf den Prüfstand. Mehrmals sogar. Doch irgendwie fehlte die Initialzündung. Dass jetzt angesichts der nun wirklich stadtnahen Parkhäuser rings um die Altstadt einige wenige Kurzzeitparkplätze vor den Schaufenstern der Marktplatzgeschäfte den gordischen Knoten lösen, wird in Teilen der Bevölkerung sehr skeptisch gesehen. Dennoch hat sich im Stadtrat eine Mehrheit für ein weiteres Experiment gefunden.

Der Blick in die variantenreiche Vergangenheit der Innenstadt, mit Irrungen, Wirrungen und einem Votum der Bürger, das zwar eindeutig ausfiel, aber langfristig gesehen nur wenig an der Sache ändern konnte, ist zwar aufschlussreich und interessant, bietet aber auch nicht die entscheidenden Fingerzeige. Mitunter läuft in Roth schief, was ursprünglich durchaus Sinn hatte. Beispielsweise die Rothmühl-Passagen. Nach dem bitteren Aus für VAW schien ein mit hochkarätigen Händlern besetztes Fachmarktzentrum eine Riesenchance, die drohende Industriebrache schnell vom Tisch zu bekommen. Dachten 1999 alle 30 Stadträte samt Bürgermeister Erdmann. Statt einer Industriebrache droht aber jetzt eine Fachmarkt-Brache. Was dem einstigen Investor, dessen Versprechungen nicht gerade selten die nötige Substanz fehlte, heute wohl am wenigsten berührt.

Belebungsversuch, die Sechste?

Die Geschichte, die Rother Innenstadt auf Vordermann zu bringen, begann schon lange vor den Einkaufspassagen beziehungsweise gleich nach dem Krieg. Fünf Bürgermeister waren bislang damit befasst. Die politischen Konstellationen lassen vermuten, dass sich in absehbarer Zeit ein sechstes Stadtoberhaupt mit der nach wie vor höchst problematischen Innenstadt auseinandersetzen muss. Dem ersten frei gewählten Rother Nachkriegsbürgermeister, Heinrich Pürner, fiel die Weichenstellung nicht gerade schwer. Wohnungsmarkt, Infrastruktur und Bildungsmaßnahmen hatten damals absolute Priorität. Für städtebauliche Kosmetik blieb weder Zeit noch Geld.


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Friedrich Wambsganz, Pürners Nachfolger, sah sich vor allem mit den Folgen einer rasant steigenden Mobilität konfrontiert. Die Umgehungsstraße "B 2 neu" erwies sich als wahrer Segen für die zuvor laufend mit Autoschlangen verstopfte Innenstadt. Der Verkehrsinfarkt drohte aber nach wie vor. Erst mit Rothtal- und Rednitztalübergang entspannte sich die Lage. Als Bürgermeister zu Zeiten der Gebietsreform erwies sich Wambsganz als gewiefter Taktiker. Die Eingemeindungsverpflichtungen erwiesen sich trotzdem als eine gewaltige finanzielle Belastung für die Stadt.

Bereits zu Wambsganz Zeiten befasste sich der Stadtrat mit dem Thema "Altstadtsanierung". Unter anderem schob Wambsganz die Pläne für ein neues Rathausquartier an. Sein Nachfolger Hans Weiß machte dann Nägel mit Köpfen. Parkhäuser entlang des Altstadtrings und ein verkehrsberuhigter Marktplatz entsprangen seiner Intention. Genau wie der Umbau einer stillgelegten Fabrikhalle zur Kulturfabrik. Mit dem ehrgeizigen Projekt von Siegfried Valentin, nach dem Abbruch von Brauerei und den Fabrikgebäuden der Christbaumschmuckfirma Riffelmacher & Weinberger in der Innenstadt ein Einkaufszentrum mit dem Bekleidungshaus Wöhrl und dem Marktkauf als Anker-Geschäften zu errichten, schien die Einkaufsstadt Roth ein Versprechen für die Zukunft gelöst zu haben.

Der Stadtbummel ist nicht mehr "in"

Richard Erdmann trat in die Fußstapfen seines Parteifreundes Hans Weiß. Dem Eckersmühlener Verwaltungsfachmann war es vorbehalten, die Ernte einzufahren. Rathaus-Quartier, Feuerwehrgerätehaus, Frei(zeit)bad, Nord-Friedhof, Stieberparkbrücke und Stadtgarten konnten ihren Bestimmungen übergeben werden. Zudem ging es mit der Altstadtsanierung flott voran. An der Realisierung der Rothmühl-Passagen ließ Erdmann trotz des zeitweise heftigen Gegenwinds nie Zweifel.

Der (Roth-)Talübergang: Für viele Rother einst eine liebgewonnene Möglichkeit, auf schnellstem Weg vom Eigenheim in die Innenstadt zu gelangen. Und zwar nur zu Fuß. Dass der Übergang seine Tücken haben konnte, zeigt dieses Bild einer Überschwemmung aus dem Jahr 1954. Dieser Gefahr ist der neue Rothtalübergang nicht mehr ausgeliefert.

Der (Roth-)Talübergang: Für viele Rother einst eine liebgewonnene Möglichkeit, auf schnellstem Weg vom Eigenheim in die Innenstadt zu gelangen. Und zwar nur zu Fuß. Dass der Übergang seine Tücken haben konnte, zeigt dieses Bild einer Überschwemmung aus dem Jahr 1954. Dieser Gefahr ist der neue Rothtalübergang nicht mehr ausgeliefert. © Foto: Archiv

Dass in der Innenstadt immer mehr Geschäfte in Schwierigkeiten gerieten und die "Zu-Vermieten-Schilder" an den Schaufenstern eher zu- als abnahmen, sorgte bei den Verantwortlichen aber nach wie vor für Sorgenfalten. Ein Insider nannte das relativ hohe Mietniveau von Geschäften im Innenstadtbereich als einen der Gründe. "Für Mieter war beziehungsweise ist es ungleich schwieriger als für Eigentümer, in der Rother Innenstadt finanziell einigermaßen über die Runden zu kommen."

Außerdem scheinen die Zeiten vorbei zu sein, in denen für viele Rother Bürger am Samstagabend oder am Sonntag ein Stadtbummel vorbei an abwechslungsreich dekorierten Schaufenstern eine Selbstverständlichkeit war. Die Wöhrls Schaufenster-Passage gegenüber der Stadtkirche war einer der Anziehungspunkte. "Im Wochenrhythmus wurde umdekoriert und unter der Woche kauften dann auch Stadtbummler ihre zuvor ausgespähten Teile", erinnert sich eine Rotherin an das Einkaufsverhalten zu Zeiten des Wirtschaftswunders.

Neue Chance nach Leoni-Auszug

Nun, auf Wunder kann sich heute niemand mehr verlassen. Um im Zeitalter des Internets auf das Einkaufsverhalten der Menschen Einfluss zu nehmen, braucht es ein schlüssiges Konzept. Daran basteln nun auch Erdmann-Nachfolger Ralph Edelhäußer, seine Verwaltung und das Stadtratsgremium. Mit der inzwischen fast abgeschlossenen Leoni-Verlagerung an die Lände hat sich für Edelhäußer und Co. der Gestaltungsspielraum erheblich vergrößert. Das frei werdende Areal an der Rednitz gilt zu Recht als städtebauliches Filetstück. Dem 1. Rother CSU-Bürgermeister blieb es zudem vorbehalten, bei einem lang gehegten Wunsch Vollzug zu melden. Roth hat ein neues Hotel. Dass es in der Valentin-Passage Platz gefunden hat, ist gleichfalls eine gute Nachricht.


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Dem einen oder anderen Schritt in die richtige Richtung (dazu zählt auch die Sanierung von maroden Gebäuden an der Trauben- und Zeughausgasse) steht aber immer noch eine innerstädtische Gesamtsituation gegenüber, die auch in Zukunft reichlich Diskussions- und Zündstoff liefern dürfte.

Von 1975 bis heute:

Roths Innenstadt-Entwicklung im Zeitraffer:

1975. Die Umgehungsstraße "B2neu", die Roth vom Durchgangsverkehr auf der bisherigen innerstädtischen Bundesstraße 2 entlasten soll, wird für den Verkehr freigegeben. Die Staus an den Ampeln vor dem Nadelöhr am nördlichen Marktplatzende gehören der Vergangenheit an.

1979. Um den Innenstadtverkehr zu reduzieren, beschließt der Stadtrat den Bau der sogenannten Rothtal-Spange. Geplant ist eine Verbindung von der Garten- zur Allersberger Straße. Die Proteste der Bürger-Initiative "Rettet das Rothtal", die 4000 Unterschriften gesammelt hatte, bleibt im Stadtrat ohne Resonanz.

1980. Am Marktplatz wird das Gasthaus zum Löwen abgerissen und an gleicher Stelle neu aufgebaut. Am Kugelbühl beginnt der Bau der Sparkassen-Tiefgarage.

Nur an den Kirchweihtagen gehört vor der Eröffnung der Umgehungsstraße die Hauptstraße ausschließlich den Rothern. Unser Bild aus dem Jahr 1968 zeigt den Kinderfestzug, wie er am Schloss in Richtung Festplatz marschiert.

Nur an den Kirchweihtagen gehört vor der Eröffnung der Umgehungsstraße die Hauptstraße ausschließlich den Rothern. Unser Bild aus dem Jahr 1968 zeigt den Kinderfestzug, wie er am Schloss in Richtung Festplatz marschiert. © Foto: Archiv

1981. Die Arbeiten am Rothtal-Übergang sind im vollen Gange. Vielen Rothern blutet das Herz, als im Frühjahr mächtige und kerngesunde Bäume gefällt werden. - Die Zufahrt zur Innenstadt aus Richtung Abenberg wirft wegen des hohen Verkehrsaufkommens immer mehr Probleme auf. Zudem erfolgt über die Abenberger Straße die Anbindung zum Landratsamt und dem Kreiskrankenhaus. Am sogenannten Rednitztalübergang unweit der Gredl-Bahn führt kein Weg vorbei, lautet die Meinung im Stadtrat.

1982. Der Rothtalübergang ist fertig. Nicht lange nach der Eröffnung ereignet sich auf der neuen Straße ein tragischer Verkehrsunfall. Ein Kind, das auf dem Weg zum Freibad die Straße überqueren will, wird von einem Auto erfasst und tödlich verletzt.

1983. Für den Rednitztalübergang, der mit der Münchener- und der Abenberger Straße zwei Staatsstraßen verbinden soll, wird ein Planfeststellungsverfahren in die Wege geleitet. Die Zeit drängt. Wenn am Weinberg Ämtergebäude und die neue Kreisklinik weiter nur über die Bahnhofstraße erreichbar sind, droht der Zusammenbruch des Innenstadtverkehrs. Die Stadtsanierung kommt gut voran. Am Kugelbühlplatz werden alte Häuser saniert, Tiefgarage und neue Sparkasse sind fertiggestellt.

1984. Am Kugelbühlplatz schreitet die Altstadtsanierung am sichtbarsten voran. Zwei der drei Popp-Häuser fallen der Abrissbirne zum Opfer.

1986. Der Bau des Rednitztalübergangs beginnt.

1987. Der Ausbau der Stieberstraße kommt gut voran.

1988. Trotz B2neu, Rothtal- und Rednitztalübergang: In der Innenstadt nimmt die Blechlawine überhand. Der Chef der Rother Polizei steht dem Chaos ratlos gegenüber. Die Stadtsanierung bleibt das wichtigste Thema. Kaufpark, Bürgerhaus und Parkdecks bestimmen die Diskussionen.

1989. Mit 15:14 Stimmen votiert der Stadtrat für den Umbau einer Fabrikhalle zu einer Begegnungsstätte (Kulturfabrik).

Wieder Autos in der "Guten Stube":  In der Stadtratssitzung am 27. April 2021 wurde die Änderung der Verkehrssituation auf dem Rother Marktplatz beschlossen.

Wieder Autos in der "Guten Stube":  In der Stadtratssitzung am 27. April 2021 wurde die Änderung der Verkehrssituation auf dem Rother Marktplatz beschlossen. © Stadt Roth, NN

1991. Der Stadtrat denkt über ein neues Verkehrskonzept für die Innenstadt nach. Als Sofortmaßnahme werden aus der City Lkw mit über 7,5 Tonnen verbannt. Eine Umfrage des Gewerbevereins ergibt: Die Rother wollen mehr Kurzzeitparkplätze.

1992. In der Innenstadt nimmt die kommunale Verkehrsüberwachung ihren Dienst auf.

1993. Die Bauarbeiten an der Ostseite der Stieberstraße sind im vollen Gang. Die Stadtmauer soll saniert sowie ein Parkdeck gebaut werden. Das Stadtbauamt zieht in das frühere BRK-Zentrum in der Allee um. Die Raiffeisenbank eröffnet am Kugelbühlplatz ihre neue Hauptniederlassung.

1994. Der von der Werbegemeinschaft initiierte Wochenmarkt steht vor dem Aus. Unterhalb des Schlosses wird ein Parkhaus mit 47 Stellplätzen eröffnet. Im Dezember fällt der Startschuss für das lange diskutierte Valentin-Projekt von Initiator Siegfried Valentin. Der Abriss der Valentin-Brauerei und die Verlagerung der Christbaumschmuckfabrik Riffelmacher & Weinberg in den Rothgrund sind Voraussetzungen für das ehrgeizige Großprojekt.

1995. Die Stadt stellt die Pläne für die Neugestaltung des Marktplatzes vor: Pflaster statt Asphalt, möglichst wenig Autos, wenig Grün, um die Fassaden hervorzuheben, viel Grau und wenig Farbe. Die umstrittenen Vorschläge werden lange Zeit heiß diskutiert.

1996. Richtfest in der Valentin-Passage. Im Frühjahr 1997 sollen die ersten Geschäfte einziehen.

1997. Die Valentin-Passage wird im Mai mit großen Ambitionen eröffnet. Der Marktplatz wird, vorerst auf zwei Jahre beschränkt, zur Fußgängerzone. Etliche Einzelhändler lassen ihren Unmut über Details der Marktplatzsanierung freien Lauf.

1998. Reichlich Festtags-Farbe übertüncht das Alltags-Grau auf dem Marktplatz. Dort wird die neu gestaltete "gute Stube" mit einem bunten Folklore-Fest ihrer Bestimmung übergeben.

1999. Mit der Übergabe des Ostrings erfolgt ein Lückenschluss in der Verkehrsführung rund um die Altstadt. Mit Pflaster versehen ist zudem die gesamte Hauptstraße. Der Marktplatz soll als Fußgängerzone ausgewiesen werden.

So stellen sich die Freien Wähler die Anordnung der Parkplätze auf dem Rother Marktplatz vor. Die Idee wurde aber mehrheitlich abgelehnt, parken darf man dann vorwiegend im nördlichen Teil.

So stellen sich die Freien Wähler die Anordnung der Parkplätze auf dem Rother Marktplatz vor. Die Idee wurde aber mehrheitlich abgelehnt, parken darf man dann vorwiegend im nördlichen Teil. © Grafik: Stadt Roth

2000. Völlig unvorbereitet traf Ende November die 410 Mitarbeiter des Industrieunternehmens Tscheulin-Rothal die Mitteilung, dass wegen einer Restrukturierung 225 Arbeitsplätze abgebaut werden. Beschlossene Sache ist zudem die Stilllegung des innerstädtisches Betriebes.

2002. Das Jahr der Einweihungsfeiern. Feuerwehrgerätehaus, Rathaus-Ensemble, Freibad und Rednitztalbrücke werden ihren Bestimmungen übergeben. Die mit dem Renault Traffic Design Award ausgezeichnete Stieberparkbrücke, die den Weg vom Bahnhof zur Innenstadt erheblich verkürzt, kostet 1,6 Millionen Euro.

2003. Weiteres Highlight: Die Landesgartenschau "Natur in Roth". An 61 Gartenschau-Tagen werden 170 000 Besucher gezählt. Der Wermutstropfen: Die leeren Schaufenster in der Innenstadt mehren sich.

2005. Der Stadtrat stimmt geschlossen für ein 9000 Quadratmeter großes Einkaufszentrum, das der Bamberger Investor Peter Klappan mit Hilfe der Regierung von Mittelfranken und der Stadt Roth auf dem ehemaligen VAW-Gelände an der Stadtbleiche realisieren will. Die Gefahr einer Industriebrache am Rande der Innenstadt ist damit vom Tisch. Der Konzern Alcan Packaging kündigt an, nun auch das VAW-Nachfolgewerk in der Norisstraße zu schließen. Die letzten 66 verbliebenen Arbeitskräfte wären davon betroffen.

2006. Gegenwind für das geplante Fachmarktzentrum auf dem ehemaligen VAW-Gelände. Auf der Unterschriftenliste der Projektgegner stehen über 6000 Namen. Investor Peter Klappan will jetzt das Fachmarktprojekt mit einem SB-Markt und einem Hotel kombinieren. Aber wie reagiert "Marktkauf" in der Valentin-Passage, wenn Kaufland an der Stadtbleiche aufschlägt? Auch das IHK-Gremium spricht sich gegen einen weiteren SB-Markt aus. Bei einem Bürgerentscheid im Dezember votieren dann 75 Prozent der Wähler gegen Klappans SB-Markt. Der Investor kontert: "Es geht auch ohne".

2007. Zu ihrem 50-jährigen Bestehen spendieren die Rother Schlosshofspieler einen schmucken Brunnen, der seinen Platz vor der Stadtkirche findet.

2008. Nach zweijähriger Bauzeit wird mit der Hilpoltsteiner Straße eine der Hauptverkehrsadern in der Rother Innenstadt für den Verkehr freigegeben. Die Supf-Fabrik an der Stadtbleiche wird abgebrochen.

2009. Das lange umstrittene Fachmarktzentrum auf dem ehemaligen VAW-Gelände wird Anfang November eröffnet. In den ersten Tagen strömen Tausende in den inzwischen als "Rothmühl-Passagen" getauften Konsumtempel. Nach neun Monaten Straßenbauarbeiten erstrahlt der Kugelbühlplatz in neuem Gewand. Die Stadtkirche wird generalsaniert.

2010. Die Stadt Roth feiert ihr 950-jähriges Bestehen. Der Sommernachtsball im Stadtgarten und ein großer Festzug ragen aus einer Fülle von Veranstaltungen heraus. Die TSG 08 Roth weiht ihren neuen Leoni-Park ein.

2011. Sorgen um die Valentin-Passagen. "Magnet" Marktkauf soll geschlossen werden.

2012. Am 3. März gehen die Lichter im Marktkauf aus. In der Innenstadt setzt sich das Ladensterben fort. Auch die Schlecker-Filialen machen dicht. Der Stadtrat beschließt, durch die probeweise Öffnung für den Autoverkehr und die Einrichtung von Kurzzeitparkplätzen den "toten" Marktplatz zu beleben. Doch die Protestwellen der Bürger schlugen hoch und nach dem Rother Christkindlesmarkt war schon wieder Schluss in Sachen "Innenstadtbelebung" durch Autoverkehr und Kurzzeitparken. Andreas Fehr aus Fürth fängt als City-Manager an.

2013. Die anfängliche Euphorie um die Rothmühl-Passagen verpufft schnell. Jetzt soll doch Kaufland das Geschäft ankurbeln. Der Stadtrat gibt grünes Licht für den Neubau auf der Brachfläche zwischen dem Einkaufszentrum und der Friedrich-Wambsganz-Straße. E-Center und Kaufland? In der Valentin-Passage will Florian Fischer eine Filiale einrichten. In einer Bürgerversammlung wird laut, dass der Stadtrat seine Entscheidung für eine Bebauungsplanänderung zugunsten der Ansiedlung von Kaufland überdenken soll. Es wird eine Studie in Auftrag gegeben, welche Auswirkungen die Kaufland-Ansiedlung auf Stadt und Einzelhandel hätte.

2014. Nach umfangreicher Renovierung wird das Riffelmacher-Haus, eines der schönsten Fachwerkhäuser in ganz Mittelfranken, eingeweiht.

2015. Erster Spatenstich beim Vollsortimenter Kaufland. Er soll ab Frühjahr 2016 für Aufbruchstimmung in der Rother Innenstadt sorgen. Leoni geht, innenstadtnahe Wohnungen sollen kommen.

2016. Mangels Kundenfrequenz kündigt Edeka-Betreiber Fischer an, das E-Center in der Valentin-Passage wieder zu schließen. C & A, einer der größten Mieter in den Rothmühl-Passagen, zieht im Herbst aus. Im September lässt dann auch das Traditions-Bekleidungshaus Wöhrl verlauten, aus wirtschaftlichen Gründen seine Filiale in der Valentin-Passage zu schließen. Dagegen öffnet Kaufland wie vorgesehen am 21. April seine Pforten.

2017. Marcus Wöhrl, der Enkel des Modehaus-Gründers Rudolf Wöhrl, will das ehemalige Bekleidungshaus in der Valentin-Passage zu einem modernen Dormero-Hotel umbauen.

2018. Leoni feiert Richtfest am Neubau im Industriegebiet an der Lände, ein knappes Jahr nach dem ersten Spatenstich. Der Innenstadt-Standort wird an die Stadt Roth verkauft.

2019. Zehn Jahre nach der Eröffnung im November 2009 herrscht in den Rothmühl-Passagen an der Stadtbleiche Leerstand. Nach Ablauf der Zehn-Jahres-Bindung haben die meisten Mieter ihre Läden aufgegeben.

2020. "Die Aufenthaltsqualität am Marktplatz steigern, lautet eines der Ziele der SPD-Stadtratsfraktion. Bei einer Klausurtagung stießen die Vorschläge einer Initiative für Beschattungsmöglichkeiten und ein Wasserspiel auf breite Zustimmung.

2021. Der neue Rother Stadtmarketingbeauftragte Mark Bartholl zur Situation von Handel und Gastronomie: "Jeder ist für sich am kämpfen, aber alle sind frustriert". Zahlreiche Leserbriefe in der RHV verdeutlichen die Brisanz dieses Themas. Der Stadtrat erstellt ein Gesamtkonzept, das eine zunächst provisorische Einrichtung einer durchgehenden Einbahnstraße mit Kurzzeitparkplätzen und der Ausfahrtmöglichkeit zum Willy-Supf-Platz mit der Abgrenzung zum verbleibenden Marktplatzbereich vorsieht. Auch für den Willy-Supf-Platz und den Bereich zwischen Bahnhof- und Stieberstraße soll "einheitlich" geplant werden.

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