Das Fest der Liebe? Was Du bei Stress unterm Weihnachtsbaum machen kannst

21.12.2022, 12:23 Uhr
Eigentlich ist Weihnachten ja das "Fest der Liebe". Doch so liebevoll geht es leider oft gar nicht zu und stattdessen wird sich wild gezofft unterm Weihnachtsbaum.

© s b Vonlanthen / unsplash Eigentlich ist Weihnachten ja das "Fest der Liebe". Doch so liebevoll geht es leider oft gar nicht zu und stattdessen wird sich wild gezofft unterm Weihnachtsbaum.

In der Fantasie ist Weihnachten das Familienfest der Gemütlichkeit und Harmonie. Der Kerzenschein spiegelt sich in den Christbaumkugeln. Es riecht nach Spekulatius, Wachs und natürlich nach Tannenbaum. Auf dem Fußboden die Geschenkpapierüberreste. Irgendwer stimmt "Stille Nacht" an. Alle freuen sich und alle haben sich lieb. Soweit jedenfalls die Theorie. Praktisch sehen die Weihnachtstage leider nicht immer so aus. Im Gegenteil: Gerade an Weihnachten können die Konflikte ganz schön hochkochen. Wir verraten Dir, wieso das eigentlich so ist, und was du tun kannst, wenn es Zoff unterm Weihnachtsbaum gibt.


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Die Sache mit den Erwartungen

Es ist ja so, meistens ist Familie ja schon was Schönes. Wirklich. Aber Familie kann man sich eben nicht immer aussuchen und manchmal ist sie einfach auch echt mega anstrengend. Und immer wieder ertappe man sich vielleicht selbst dabei, dass man sich fragt, wie es eigentlich sein kann, dass man zwar zum Teil die gleichen DNA-Abschnitte in den Zellen hat, aber trotzdem so unterschiedliche Meinungen und Haltungen haben kann. An drei Tagen im Jahr wird diese Frage ganz besonders laut: an Weihnachten.

Die eigene Ernährungsweise, die Weihnachtsgeschenke, Corona in all seinen Facetten, Politik, die eigene Lebensweise, die eigene Familienplanung, Partnerschaft - Die Liste an potentiellen Konfliktthemen scheint schier endlos zu sein. "Es prallen an diesen Tagen ganz verschiedene Vorstellungen und vor allem Erwartungshaltungen aufeinander", so erklärt Alexa Nitschke, warum es so oft ausgerechnet am "Fest der Liebe" kracht. Alexa Nitschke ist Rechtsanwältin und Vorstandsvorsitzende der Nürnberger Gesellschaft für Mediation e.V. Vor allem die Sache mit den Erwartungen sei ganz zentral, sagt sie: die, die wir an das Fest an sich stellen, die, die wir an die anderen stellen - aber gerade auch die, die wir an uns selbst haben. "Man will oft einfach gefallen", so Nitschke. Und das kann das Stresslevel nochmal ganz schön in die Höhe katapultieren.

Doch was kannst Du tun, wenn eine hitzige Diskussion ein bisschen zu hitzig wird, wenn sich Dein Magen zusammenzieht, das Herz laut im Brustkorb hämmert und Du unter dem Tisch schon die Hände zu Fäusten ballst?

Bei Dir bleiben

Gewaltfreie Kommunikation: Gar nicht einfach, aber hilfreich. 

Gewaltfreie Kommunikation: Gar nicht einfach, aber hilfreich.  © imago images

"Wichtig ist vor allem, bei sich zu bleiben", weiß Alexa Nitschke. Konkret bedeutet das: Ich-Botschaften senden, eigene Bedürfnisse und Wünsche als solche kommunizieren. Es gibt sogar eine Methode, die dabei ganz hilfreich sein kann: nämlich die der gewaltfreien Kommunikation.

Dieses Konzept hat der US-amerikanische Psychologe und Mediator Marshall B. Rosenberg entwickelt. Ihm nach funktioniert gewaltfreie Kommunikation in vier Schritten: Zunächst beschreibst Du (ohne zu werten) Deine Beobachtung der Situation. Dann erklärst Du, welche Gefühle diese Situation in Dir auslöst und welche Bedürfnisse deshalb bei Dir entstehen. Und zum Schluss formulierst Du noch eine Bitte an Dein Gegenüber. Also zum Beispiel: "Onkel Peter, ich merke, dass Du Dich gerade schon eine ganze Weile über Veganer:innen lustig machst. Das trifft mich sehr und setzt mich unter Druck. Ich würde mir wünschen, wenn wir einfach schön gemeinsam Weihnachten feiern könnten, ohne zu streiten. Könnten wir bitte das Thema wechseln?"

Natürlich ist es eine Idealvorstellung, dass eine Diskussion so abläuft, und im Eifer des Gefechts ist es gar nicht einfach, dieses Konzept umzusetzen. Aber trotzdem kann es manchmal helfen, es zumindest im Hinterkopf zu haben.

Andere Meinungen aushalten

Seien wir ehrlich: Die wenigsten grundlegenden Meinungsverschiedenheiten lassen sich durch eine ausgiebige Diskussion am Weihnachtsesstisch ausräumen. Ein:e überzeugte Querdenker:in wird vermutlich nicht plötzlich ihre oder seine Einstellung ändern, weil zwischen Gans und Tiramisu alle auf sie oder ihn einreden und sie oder ihn mit Vorwürfen überschütten. Auch wenn es schwer ist: Es sei wichtig, aushalten zu können, dass Meinungen auseinandergehen und man nicht mit allen auf einen grünen Zweig kommen kann, so Nitschke. Allerdings bedeute das keinesfalls, alles nur milde lächelnd hinzunehmen und vielleicht sogar Hate Speech einfach unkommentiert stehen zu lassen. "Verständnis heißt nicht Einverständnis!", betont die Rechtsanwältin. Wie wäre es zum Beispiel mit einem: "Ich bin da ganz anderer Meinung als Du, und es macht mich wütend und hilflos, dass Du so denkst. Aber ich glaube, es ist wenig zielführend und hier auch nicht der richtige Rahmen, um das auszudiskutieren"?

Grenzen klar kommunizieren - am besten schon im Voraus

Dir fällt es gerade schwer, über Deine Arbeit zu sprechen? Du möchtest keine Fragen zur Trennung von Deinem Partner / Deiner Partnerin gestellt bekommen? Vielleicht kann es helfen, das auch schon vorher klarzustellen und mit der Familie zu besprechen. Und: Du darfst jederzeit Stopp sagen, wenn es Dir zu bunt wird oder Du Dich mit einem Gesprächsthema unwohl fühlst. Um die Weihnachtstage konstruktiv miteinander zu verbringen, sei es ganz grundlegend, respektvoll miteinander umzugehen, so Nitschke. Mit den anderen, aber auch mit den eigenen Grenzen.


Du weißt nicht mehr weiter? Hier findest du fünf Anlaufstellen, an die Du Dich in einer seelischen Krise wenden kannst:

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