Auf der Überholspur: Warum immer mehr junge Menschen Formel 1 schauen

Milena Graf

9.4.2023, 17:30 Uhr
Die Fahrer Sergio Perez (Team Red Bull) und Carlos Sainz (Team Ferrari) liefern sich ein Duell - bei bis zu 300 km/h.

© randomwinner/pixabay Die Fahrer Sergio Perez (Team Red Bull) und Carlos Sainz (Team Ferrari) liefern sich ein Duell - bei bis zu 300 km/h.

Lärm. Jubel. Zwanzig Autos, die eigentlich nur im Kreis fahren. Vor allem Männer, die dabei sind. Das ist Formel 1 – unter anderem. Formel 1 ist aber auch ein Frauen*-Anteil bei den Fans, der sich bei offiziellen Formel-1-Fan-Befragung in den letzten Jahren fast verdoppelt hat.

Allgemein werden die Fans immer jünger und die Fanbase wächst rapide – das belegt dieselbe Studie des Motorsport-Network. Aber warum ist das so?

Kampf der Giganten

Ein großer Faktor fürs Interesse ist logischerweise, wie spannend ein Sport ist. Wenn eben noch nicht ganz feststeht, wer dieses Jahr Weltmeister wird: "Bei mir hat erst die ganze Max Verstappen versus Lewis Hamilton-Situation Interesse geweckt", sagt die Nürnbergerin Theresa (25) dazu. Sie bezieht sich damit auf den Entscheidungskampf um die Weltmeisterschaft in der Saison 2021 zwischen Max Verstappen (Team Red Bull) und Lewis Hamilton (Team Mercedes). Dieser Showdown brachte damals frischen Wind in die Formel 1.

Die Jahre zuvor hatte Hamilton immer den Titel geholt und mit seinem Team Mercedes, die Formel 1 dominiert. Die Free-TV Einschalt-Quoten sanken leicht, je länger seine Gewinnserie anhielt. Dasselbe Phänomen war bereits davor aufgetreten, als Sebastian Vettel mehrere Male hintereinander Weltmeister wurde.

Inzwischen kennt sich Theresa sehr gut aus: "Je mehr du über Formel 1 und die Teams und die Fahrer weißt, desto mehr Spaß macht es."

Ums nackte Überleben

Mehr über die Teams und Fahrer erfahren Fans in der Netflix Serie Drive To Survive. Daher kommt wohl auch ein großer Teil des auffallenden Zuwachses an Formel-1-Fans. Bei der Dokumentarserie, die seit 2019 läuft, geht es – logisch – um die Formel 1. Zwar ist die Serie nicht dafür bekannt, hundert Prozent akkurat zu sein, dafür ist sie aber vor allem eins: sehr, sehr spannend. Mittlerweile ist bei Netflix seit Ende Februar die fünfte Staffel verfügbar.

Jede Staffel arbeitet die Rennen und den groben Verlauf der vorherigen Saison auf - natürlich mit großem Fokus auf die Fahrer als Personen und jedwedes Drama, das hinter den Kulissen abläuft. Dabei gibt die Serie einen Einblick in einen Teil des Sports, der so vorher nicht so leicht zu bekommen war. Da verzeihen viele Fans schon mal die leichten Ungenauigkeiten.

Andererseits muss man gar kein Formel-1-Fan sein, um die Serie schauen zu können. Drive To Survive erklärt und fasst alles so zusammen, dass jede:r Spaß haben kann. Da kann es leicht passieren, dass man erst anfängt, Drive To Survive zu schauen und dann irgendwann direkt zur Quelle übergeht: tatsächlich Formel-1-Rennen schauen.

Am Puls der Zeit

Viel Zuwachs hängt natürlich auch mit Marketing zusammen – das ist schließlich der Zweck davon. Dabei versucht die Formel 1, auch mit der Zeit zu gehen.

Die Verantwortlichen der FIA – der Fédération Internationale de l'Automobile - versuchen beispielsweise aktuell, mit der F1 Academy spezifisch weibliche Fahrerinnen zu fördern. Die weiblichen Fahrerinnen in der gesamten Geschichte der Formel 1, die an den Start eines Grand Prix gegangen sind, lassen sich bis jetzt nämlich an einer Hand abzählen. Das soll sich ändern. Seit 2018 gibt es die Formel W, deren Fahrerinnen-Aufstellung nur aus Frauen besteht.

Zudem haben sich inzwischen immer wieder verschiedene Teams und Fahrer – allen voran Lewis Hamilton mit Mercedes und Sebastian Vettel – zu wichtigen Themen wie sozialer Gerechtigkeit und Gleichstellung geäußert. Wichtig war hier vor allem Hamiltons Engagement für Black Lives Matter. Auch setzte er mit bunten Helmen ein Zeichen für queere Menschen. Das holt natürlich jüngere Menschen und die Gen Z ab.

Auch das vergleichsweise niedrige Alter der Fahrer hilft bei so etwas: Lando Norris, Fahrer beim Team McLaren, hat zum Beispiel einen Twitch-Channel. Viele der Fahrer sind auf Twitter sehr aktiv. Das geht soweit, dass offizielle Statements und Entscheidung viel zuerst über Twitter passieren. Auch die Social-Media-Präsenz der Fahrer heutzutage trägt zu einer größeren Reichweite und Beliebtheit von Formel 1 bei.

Familientradition

Die Formel 1 als Sport existiert schon sehr lange. Das erste richtige Rennen fand 1950 auf der für Fans heutzutage legendären Silverstone-Strecke statt; dabei ging es zum ersten Mal um einen Weltmeistertitel. Auch in Deutschland hat die Formel 1 eine lange Geschichte. Hierzulande schauen wohl viele Väter und generell Eltern nebenbei Formel 1 – und die Kinder schauen mit. So wird, wie bei vielen anderen Sportarten auch, die Begeisterung für Formel 1 immer weitergegeben. So geht es auch dem Nürnberger Patrick (28): "Formel 1 mag ich gerne, weil es eine prägende Kindheitserinnerung war, jeden Sonntag mit meiner Familie Michael Schumacher im Ferrari gewinnen zu sehen."

Viele herausstechende Fahrer der letzten Jahrzehnte waren Deutsche, allen voran eben Michael Schumacher und Sebastian Vettel. Mick Schumacher, der Sohn von Michael Schumacher, ist auch in der Formel 1 – zuerst als Fahrer bei dem amerikanischen Team Haas, inzwischen als Testfahrer bei Mercedes. Das generiert natürlich deutsches Medieninteresse. Auch in Deutschland gibt es einige Rennstrecken; die bekannteste davon ist wohl die am Nürburgring, die zuletzt 2020 für die Formel 1 genutzt wurde.

Seit 2019 nehmen die Streaming-Quoten bei Sky Deutschland für die Formel 1 stetig zu. Das liegt zwar auch daran, dass im Free-TV inzwischen nur noch ausgewählte Rennen laufen, etwa bei RTL. Es zeigt aber auch, dass sich die Zusammensetzung der Zuschauenden ändert.


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