Kulturelle Identität Bayerns geprägt
Halbe Million Euro vom Freistaat: Neue Einrichtung forscht zur Geschichte der Heimatvertriebenen
9.2.2022, 16:45 UhrDie Schicksale und Lebensgeschichten der Heimatvertriebenen berühren Sylvia Stierstorfer, wie sie sagt. Dutzende Gespräche mit Betroffenen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs flüchten mussten und nach Bayern kamen, hat die CSU-Landtagsabgeordnete und Beauftragte der Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene selber geführt. Nachzuhören sind sie im Podcast „Lebenswege“, den Stierstorfer 2021 gestartet hat.
Deshalb sei sie stolz auf eine gänzlich neuartige Forschungsstelle zum Thema „Vertriebene als integraler Bestandteil Bayerns“, die auf ihr Drängen hin nun eingerichtet wird. Dafür wird aus den Mitteln der Fraktionsreserven insgesamt eine halbe Million Euro bereitgestellt, so Stierstorfer.
Dreijährige Förderung
Zunächst soll die Forschungsstelle, die am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg (IOS) eingerichtet wird, für drei Jahre gefördert werden. Zudem wird es eine enge Kooperation mit der Universität geben.
„Damit wird mein langjähriger Herzenswunsch Wirklichkeit“, sagt Sylvia Stierstorfer. "Mir geht es um das Bild, das Vertriebene hier vermittelt haben und auch um das Bild, das die bayerische Bevölkerung von ihnen hat. Um den wechselseitigen Einfluss, auch auf europäischer Ebene und den Austausch mit den Herkunftsländern."
Neuer Ansatz
Dieser Ansatz der Forschungsstelle sei bislang einmalig und biete auch einen deutlichen Mehrwert, "weil es hier auch intensiv um den Bereich Bildung geht", so Stierstorfer gegenüber unserer Redaktion.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden fast zwei Millionen Heimatvertriebene in Bayern und auch in der Region eine neue Heimat. Die Vertreibung und danach die Eingliederung der Heimatvertriebenen hatten eine gewaltige Umwälzung im Herzen Europas zur Folge, erklärt die Beauftragte.
Mit Blick auf den Wiederaufbau und den späteren wirtschaftlichen Erfolg des Freistaats hätten sich die Vertriebenen als "Segen für Bayern und Verlust für die Herkunftsländer erwiesen".
In Vergessenheit geraten
Trotzdem erinnere sich die Gesellschaft an diesen Umbruch und seine prägende Wirkung "auf uns alle" heute kaum noch. Auch sei es in ihren Augen nicht so, dass dieser bedeutende Teil der bayerischen Geschichte ausreichend wissenschaftlich erforscht und abgehandelt sei.
Nach Angaben von Stierstorfer sind die halbe Million Euro nicht die einzigen Mittel, die diesem Bereich zugutekommen.
So soll die Sonderausstellung „Neuanfänge – Heimatvertriebene in Bayern“ im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg künftig als Wanderausstellung durch ganz Bayern auf Tour gehen.
Junge Menschen sensibilisieren
Dafür werden zusätzlich 25.000 Euro bereitgestellt. Für die Beauftragte, die Schirmherrin der Ausstellung ist, sind die Fördermittel ein positives Signal.
„Es ist wichtig, an die Geschichte zu erinnern und junge Menschen zu sensibilisieren“, sagt sie. „Denn aus der Vergangenheit können wir lernen.“
Die neue Forschungsstelle in Regensburg soll ab 2022 neue Erkenntnisse darüber zu Tage fördern, wie die Vertriebenen als Brücke und Kulturvermittler im Herzen Europas gewirkt haben und welchen Einfluss sie auf die kulturelle Identität Bayerns ausgeübt haben.
Bild in den Medien
Dabei wird es gerade auch um ihr Bild in Medien und Schulbüchern gehen, und darum, wie sie die Sichtweise der hiesigen Bevölkerung auf die Nachbarländer im Osten und deren Verhältnis zu Bayern und Deutschland geprägt haben.
„Es ist gut und wichtig, dass wir dieses Thema stärker in den Fokus rücken – auch, um den europäischen Gedanken und das Zusammenwachsen zwischen Ost und West hier im Herzen Europas zu stärken“, so Stierstorfer.
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