Blasmusik, Milliardäre und viel Natur
USA-Roadtrip zu unseren fränkischen Verwandten: Diese 6 Orte sollten Sie in Michigan besuchen
11.11.2023, 05:55 UhrSie wollen schon immer mal in die USA? Viele fliegen nach Kalifornien, Florida, New York, den wilden Südwesten. Das ist gut, doch teuer und überlaufen. Fliegen Sie mit uns nach Michigan mit der sich gerade neu erfindenden In-Metropole Detroit, mit viel Natur, einem fränkischen Dorf, zu Sportstadien und an Seen, an deren Ufer Milliardäre den heißen Städten entfliehen.
Leihen Sie sich für unseren Roadtrip ein Auto - überall werden sie auf Campingplätzen, in Motels oder geschichtsträchtigen Hotels oder B&Bs ein Zimmer, tolles Essen und gute Biere aus unzähligen Kleinbrauereien finden - let's go!
Ann Arbor: Wenn Sie in Detroit landen, fahren sie nicht gleich in die Metropole - die heben Sie sich für den Schluss auf. Ann Arbor ist Sitz einer der berühmtesten und besten Universitäten der USA. Die University of Michigan hat 45.000 Studenten, hinzu kommen die 125.000 regulären Einwohner - das Publikum ist entsprechend wohlhabend.
Auch Sie haben schon oft in US-Filmen cooles Campusleben gesehen, wo sie auf grünen Wiesen zwischen altehrwürdigen Gebäuden Frisbee spielen? Genau so geht's hier wirklich zu, mit einem Schuss Harry Potter, jungen Leuten in Shorts und Kapuzenpullis, liberalen Bewohnern, unzähligen Restaurants wie dem knallbunten Zingerman's Deli und coolen Läden.
Fahren Sie vorbei an viktorainischen Holzhäuschen und riesigen modernen Universitätsgebäuden zum Ortsrand - dort steht das größte Sportstadion der Welt. Nur Nordkorea hat ein noch größeres Stadion - zu Akklamationszwecken. 107.000 Zuschauer passen ins Oval der Michigan Wolverines - dem Football-Team der Uni. Noch beliebter als das professionelle American Football sind hier die Spiele der Universitäts-Mannschaften - Michigan hat die treuesten Fans der USA.
Wenn Jim seine Besucher durch den riesigen Sporttempel führt, spüren die seine Begeisterung - immer wieder fällt das Wort "Tradition", das er sogar einmal durch "Religion" ersetzt. Sie stehen dann im Locker-Room der Heimmannschaft, auf dessen Teppich das gelbe M der Universität Michigan von Absperrbändern umrahmt ist, auf dass ja kein Besucher mit seinen Drecklatschen darüberschlurfe. Das Team selbst darf das, die Sperre wird dann weggeräumt. Übrigens: Möchten Sie eines der Spiele sehen, googeln Sie vorher nach Karten - die Chancen stehen meist ganz gut. Rechnen Sie aber mit rund 200 $ pro Ticket - auch Studentenfootball ist hier Big Business.
"Willkommen in Frankenmuth" steht in groben Buchstaben auf einem kitschigen Torbogen mit Türmchen voller bayerischer Rauten über dem Highway. Auf unserem Roadtrip nach Norden passieren wir unser fränkisches Disneyland in den USA, das vor allem von fränkischen Schwestern und Brüdern jenseits des Atlantiks bewohnt ist. Seit 1845 kamen hier in drei Wellen Siedler unter Führung des missionarischen Pfarrers August Craemer zuerst aus Neuendettelsau, Roßtal und Gunzenhausen an.
Die Zehenders aus Roßtal im Landkreis Fürth - nun heißen sie Zehnder - haben aus dem Erbe ein Big Business gemacht. 5000 Menschen leben im Ort, doch über 3 Millionen Besucher kommen jährlich in ein "Little Bavaria" voller kitschiger, teils aber auch gut gemachter Reminiszenzen an ihre bayerisch-fränkische Wurzeln. Das Hotel heißt Bavarian Inn, es gibt ein "Käse Haus", das Cafe "Prost", eine "Holz Brücke" und einen Wasserpark, das Ladendorf River Place betreten Sie durch fränkische Stadttore.
Die Bronners haben vor den Toren Frankenmuths mit dem Bronners CHRISTmas Wonderland den größten Weihnachtsladen der Welt gebaut - Busweise werden jeden Tag vor allem US-Rentner auf den riesigen Parkplatz gekarrt, um sich unter über 50.000 Artikeln ihren passenden Weihnachtsschmuck auszusuchen. Zu Beginn des Christkindlesmarktes zeigen wir ausführlich den Weihnachts-Hype in Frankenmuth zeigen.
Fränkische Weihnacht in den USA: So schräg feiern unsere Verwandten in Frankenmuth, Michigan
Was für ein Kontrast ist da Mackinac Island vor der Nordspitze des südlichen Teils von Michigan und gleich an der Brücke zur riesigen, dünn besiedelten Upper Peninsula gelegen. Nach Mackinac Island kommen sie nur per Schnellboot und im Winter per Schneemobil über den zugefrorenen Lake Huron, Autos bleiben am Festland.
Durch die Gassen des von einer Festung gekrönten Ortes mit seinen viktorianischen Holzhäuschen und den Lagern der Pelzhändler klappern nur die Hufe von Pferdekutschen. Es gibt nette Läden und Cafes, vor den Hotels und B&Bs sonnen sich die Gäste auf grünem Rasen oder radeln um die grüne Insel mit ihren steilen Klippen - ein Ort zur Entspannung! Wer Geld hat, quartiert sich im Grand Hotel ein - einst von Eisenbahngesellschaften erbaut, ist es heute eines der wenigen Häuser in den USA, das noch immer eine Zeit atmet, in der sich das Who is Who Nordamerikas auf der längsten Veranda der Welt traf.
Petoskey am Lake Michigan hat ähnliches Flair. Das Klima ist mild, die Luft herrlich frisch - Dampfboote brachten die Oberschicht Chicagos herbei, die der Hitze der Stadt entfloh und in ihren Cottages genannten stolzen Holzhäusern über Wochen den Sommer verbrachten. Noch immer sieht man hier Prominente und sogar Milliardäre aus berühmten Industrie-Dynastien im Freizeitlook durch die Gassen laufen.
Hier trank Hemingway stets seinen Bourbon
Der Prominenteste, der mit seiner Familie ganz in der Nähe seine Ferien verbrachte, war Ernest Hemingway. Er liebte den Ort, der zum Schauplatz einiger seiner Bücher wurde. Im City Park Grill, das zu Zeiten der Prohibition eine wilde Geschichte durchlebte, saß er stets auf dem zweiten Platz von rechts an der Bar und trank, bis er kaum noch stehen konnte. Der Saloon ist bis heute nahezu unverändert - wer als Gast hier Whitefish isst und ein Ale trinkt, meint, gleich könnte der Autor zur Tür hereinkommen und sich einen Bourbon bestellen.
Im nahen Boyne Mountain fühlen wir uns nach Frankenmuth zurückgekehrt, dem zur Perfektion der Kulisse nur noch ein Berg fehlt. Boyne Mountain hat ihn, wenn auch nur gut 200 Meter hoch. Ihn kaufte ein skibegeisterter deutschstämmiger Amerikaner vor 75 Jahren einem Farmer für nur einen Dollar ab und errichtete ein Skidorf im Alpenstil mit Hotel, Cottages, dem Chalet Edelweiß und sogar einem Flughafen, auf dem reiche Amerikaner mit ihrem Privatjet einschweben.
Auf den kleinen Hügel bringen neun moderne Sessellifte tausende Skifahrer, die Pisten sind breit, aber nur maximal 1,6 Kilometer lang. Das genügt hier den meisten, denn die Pisten Colorados oder Kaliforniens sind dann doch zu weit weg. Mit der Skybridge Michigan haben sie noch "die weltgrößte Hängebrücke der Welt mit Holztürmen" über ein Tal gehängt - ist das Wetter schlecht, toben sich die Gäste im Indoor-Wasserpark aus.
Traverse City ist nicht Retorte, sondern cooles Original, eine Stadt an einem der vielen Sandstrände des Lake Michigan. Einst Umschlagplatz der Holzindustrie, zieht der Ort heute Wassersportler, Mountainbiker, Segler und Wanderer an. Hier im Norden der USA bauen über 50 Winzer vor allem auf einer Halbinsel, die weit in den Lake Michigan ragt und dadurch ein mildes Mikroklima hat, Wein an. "Der Riesling ist besonders beliebt", sagt Marie-Chantal Dalese vom Chateau Chantal und lädt zur Verkostung auf ihrer schönen Terrasse mit Blick über die Rebstöcke und den See ein.
Die größte Attraktion liegt ein Stückchen entfernt im Nationalpark Sleeping Bear. Eine riesige Sanddüne hat sich aufgetürmt: Überlegen Sie sich gut, ob sie von ihr bis hinunter ans Ufer laufen - "the only way out ist up", warnt ein Schild all die Übermütigen, die ohne Trinkwasser absteigen und beim Aufstieg schon nach wenigen Metern merken, dass sie im weichen Sand sofort außer Atem kommen. "Müssen sie gerettet werden, legt die Feuerwehr Seile aus und zieht sie hinauf. Macht 3000 Dollar pro Rettung", sagt der Parkranger.
Detroit: Michigan verlangt nach einem ausgiebigen Besuch Detroits - die Metropole, in der die US-Autobauer ihre Headquarters haben, leidet noch immer unter ihrem Ruf als Schmuddelkind mit leerstehenden Häusern und hoher Kriminalität, dabei stellen sie hier gerade alles auf den Kopf. Detroit ist die neue In-Stadt der USA und zieht vor allem junge Kreative an, die sich das Leben hier im Gegensatz zu New York, L.A. oder Chicago noch leisten können.
In den 1950er Jahren war Detroit eine der reichsten Städte der Welt, doch in den 1960er Jahren vertrieben Rassenunruhen Bewohner und Geschäftsleute aus Downtown. In den 1970ern schlitterte die US-Autoindustrie wegen Billigimporten in eine schwere Krise - von 2 Millionen Einwohner blieben in den 1980ern nur noch 400.000 übrig. All die stolze Pracht der Jugendstil-Wolkenkratzer verfiel, die Vororte verkamen. Vor gut zehn Jahren begann der Detroiter Multimilliardär Dan Gilbert, in Downtown Haus für Haus aufzukaufen und zu sanieren, über 150 Gebäude gehören inzwischen seiner Investmentfirma.
War die City vor sieben Jahren noch menschenleer, füllt heute buntes Publikum die Cafés, Clubs und Restaurants an von Kameras überwachten Plätze und Straßen. Aus Bankentempeln wurden Museen oder Appartmentanlagen, überall wird saniert und modern gebaut. Die Stadt hat leerstehende Häuser abgerissen oder renoviert und gibt sie günstig an ihre überschuldeten ehemaligen Eigentümer ab - inklusive billiger Kredite für eine verpflichtende Sanierung. Das College und weitergehende Bildung sind kostenlos - ohne die Unterstützung eines cleveren Bürgermeisters und des Mäzens Gilbert wäre die rasante Entwicklung nicht möglich - die Stadt hat inzwischen wieder knapp 700.000 Einwohner.
Besuchen sollten Sie in Detroit unbedingt das Charles H. Wright Museum of African American History, das tief berührend die Geschichte der Afroamerikaner von der Sklaverei bis zu ihrem Kampf um Gleichberechtigung zeigt. Ihre Musik ging von Detroit aus um die Welt: zwischen 1959 und 1972 nahmen Weltstars wie Stevie Wonder, die Jackson Five, die Temptations, Aretha Franklin oder Marvin Gaye unter dem Label Motown (Motor Town) in einem winzigen Tonstudio eines bescheidenen Holzhauses Hits auf, die noch heute im Radio laufen.
Klar, dass man in Detroit auch The Henry Ford besuchen sollte - ein gewaltiges Museum am Produktionsstandort Dearborn vor den Toren der Stadt und keineswegs nur ein Ford-Museum - hier wird die gesamte Geschichte der Mobilität gezeigt, von Flugzeugen über Eisenbahnen, Motorrädern und natürlich Autos aller Art - manche schrieben Geschichte wie der Wagen, in dem J.F. Kennedy erschossen wurde.
Fahren Sie unbedingt mit dem Shuttle ins Werk - auf einem Skywalk über den Bändern sehen Sie die Produktion des Ford F-150 - der Pickup ist die moderne Version des Model T, das Farmer wie Städter gleichermaßen fuhren und das Detroit und Michigan einen riesigen Schub gab, von dem sie hier noch heute zehren.
Können Sie online Tickets ergattern, besuchen Sie unbedingt ein Spiel der Detroit Lions im überdachten Ford Field für 55.000 Zuschauer - ein einmaliges Erlebnis, wenn die footballverrückten Fans beim Einlauf ihres Teams laut Display über 120 Dezibel laut jubeln. Auch Europäer bekommen beim obligatorischen Singen der Nationalhymne Gänsehaut und verstehen im Lauf des Spiels sogar immer mehr von den exotischen Regeln.
Mehr Informationen:
Pure Michigan, www.michigan.org.de
www.facebook.com/EntdeckeMichigan
www.frankenmuth.org
Anreise:
Mit dem Flieger ab Frankfurt nach Detroit 8-9 Stunden.
Beste Reisezeit:
Mai bis Mitte Oktober, wenn die Wälder zum Indian Summer schön bunt sind. Wintersportler auch zwischen November und März.
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