Schillernde Erotik und Exotik
Was das Publikum bei der Operette "Der Prinz von Schiras" am Theater Regensburg erwartet
26.12.2023, 06:00 UhrSchmissiger Charleston, persische Querflöten, südamerikanischer Tango, das alles auf einem Dampfer mitten im Pazifik: In „Der Prinz von Schiras“ gibt es, was zu einer Operetten-Revue der Dreißiger Jahre gehört. Und das Theater Regensburg hat es in eine riesige Geschenke-Box gepackt, die die Bühne am Bismarckplatz attraktiv füllt: mit Schleife obendrauf.
Zu entdecken gab es nicht nur dieses Stück mit seinen Stationen in Asien, Persien und Amerikas Süden, mit vier liebestollen Paaren, sondern das gründlich vergessene Lebenswerk von Joseph Beer (1908-1987): in Galizien noch zu Kuk-Zeiten geboren, Musikstudent in Wien – aber die Operette des 28-Jährigen war dann 1934 in Deutschland und unter den Nazis schon verboten. Beer emigrierte über Wien und Paris nach Nizza, versteckte sich dort bis Kriegsende, promovierte („mit höchstem Lob“) über Skrjabin, komponierte – seine Töchter haben erst in den letzten Jahren die Rechte an Beers Operetten freigegeben.
In einem Antiquariat entdeckt
Da hatten Regensburgs Intendant Sebastian Ritschel und sein Chefdramaturg einen Klavierauszug des „Prinzen von Schiras“ schon in einem Antiquariat entdeckt, hatten die Töchter Beers das gesamte Stimmenmaterial in einer Kellerecke entdeckt. Und Aufführungen von Beers „Die polnische Hochzeit“ in Wien und beim BR ließen aufhorchen.
Nachdem „Der Prinz von Schiras“ 1934 in Zürich erfolgreich uraufgeführt worden war, war es jetzt in Regensburg eine deutsche Erstaufführung mit großem Medieninteresse. Alle Welt war neugierig auf diesen jüdischen Komponisten, dessen operettenselige Arien im Richard-Tauber-Stil in Wien angeblich 17 Minuten Szenenapplaus bekamen.
Hanebüchene Geschichte
Das Theater am Regensburger Bismarckplatz hat alles nur eben Mögliche investiert, um diese hanebüchene Geschichte attraktiv auf die Bühne für Silvester, Fasching und bis zum Mai zu bringen. „Der Prinz von Schiras“ ist in eine riesige Geschenkschachtel verpackt (Kristopher Kempf), silbern und changierend glänzend und in subtiler Übereinstimmung mit den glitzernden, verschwenderischen Kostümen, mit einer Inszenierung (Sebastian Ritschel) und einer Choreografie (Gabriel Pintini), die alles haben, was an Erotik und Exotik zu einer Operette des „silbernen Zeitalters“ à la Paul Abraham gehört: wofür es in Geografie höchstens eine Fünf Minus geben würde, aber für den schillernden Unterhaltungswert eine Eins plus.
Wie es um 1934 herum schon zu einem Angriff japanischer Kriegsschiffe auf einen amerikanischen Dampfer kommt, wissen die Götter, und warum diese emanzipierte, schlanke, blonde Violet in ihren High Heels und mit Faux Furs (Kirsten Labonte) den eher kümmerlichen, psychopathischen persischen Prinzen in seinen Einheitsklamotten lieben und heiraten soll, bleibt unbeantwortet. Noch dazu Carlos Moreno Pelizari kein bisschen von der Attraktivität eines „Prinzen von Zamunda“ erreicht (auch sängerisch nicht).
Im applauslosen Nirgendwo
Aber ein bisschen schuld ist auch Joseph Beer: Oft genug setzt sein Prinz zu einer melodienseligen Arie an, die dann aber irgendwo im applauslosen Nirgendwo endet. Aber auch bei den anderen der vier heiratswilligen Buffopaare des Stücks regieren Geld und die Welt – der witzige Besetzungsclou ist immerhin, dass man das Dienerpaar Hassan und Fatme umgekehrt mit Sängerin und Sänger besetzt hat (Fabiana Locke, Felix Rabas).
Die unterhaltsamen zweieinhalb Stunden leben mehr als alles andere von der schmissigen Musik, die GMD Stefan Veselka auf ungewohntem Gebiet mit flotter Hand präsentiert (in exotischer Besetzung), und von einer „Tanzcompany“ (Choreografie: Gabriel Pitoni), die Matrosen und Haremsdamen kompetent an die Rampe bringt. Da steht dann auf der inzwischen zerfledderten Box zweideutig das Motto „Happy – and …“
Weitere Aufführungen am 31. Dezember um 15 und 19.30 Uhr sowie am 7. und 13. Januar, Karten-Tel. (0941) 5072424.
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