Kultsendung aus Veitshöchheim
Gaudi Helau! Gelungenes Comeback der "Fastnacht in Franken"
18.2.2022, 22:29 Uhr"Es ist ein Zeichen nach draußen, dass Kultur wieder geht", meinte Bauchredner Sebastian Reich, der in der Sendung seine Nilpferddame Amanda witzig, aber auch kritisch sprechen ließ. Die Sendung war zwar nicht live, sondern wurde schon am Mittwochabend aufgezeichnet – aber die Aufbruchstimmung war spürbar. Auch die Zuschauer, die nur geboostert und direkt vor Ort getestet zugelassen wurden, freuten sich sichtlich. "Ein bisschen surreal", fand Sieglinde Heid die Situation zwar, denn Clowns, Königinnen und Cowboys standen vor dem Test-Container an. "Aber so schön, dass es wieder stattfindet!", meinte sie. An der Uni Würzburg war das strenge Hygienekonzept ausgetüftelt worden. Letztes Jahr hatte es nur eine sehr abgespeckte Version der Sendung gegeben.
Diesmal hatten diejenigen, die hinten im bunt dekorierten Saal saßen, einen Vorteil: Von dort sah es richtig voll aus. Aus Bühnenperspektive wirkte es eher wie eine Abitur-Prüfung, wie der Nürnberger Oliver Tissot meinte, der als "Lachwart" der Sendung fungierte. Statt 600 Zuschauern waren es nur 170, die Reihen entsprechend lichter. Damit mehr Normalos hineinkonnten, musste die Polit-Prominenz auf Begleitung verzichten. Innenminister Joachim Herrmann erschien wieder als Sheriff ("Kontinuität muss sein"), Landtagspräsidentin Ilse Aigner kam als blau-weißer Engel Aloisia und Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze als Kleopatra.
Ministerpräsident Markus Söder kam im schwarzen Anzug, kündigte fürs nächste Jahr aber ein Comeback seiner Verkleidungen an. Er musste an dem Abend einiges einstecken. "Markus, was ist los? Du maxt doch komplett das Gegenteil von vor vier Wochen. Man nennt dich schon die Drehtür Bayerns!" rief ihm "Dreggsagg" Michl Müller von der Bühne aus zu. Der Show-Mix, den der Fastnacht-Verband Franken auf die Beine gestellt hat, war spritzig und ließ die sage und schreibe vier Stunden schnell vergehen ließen. Politischer als sonst, eine gute Mischung aus Blödelei und Hintersinn. Letzteres vor allem durch Peter Kuhn, der seine geschliffenen Worte diesmal als Gärtner durch die Blume sprach und sich von Politik über Querdenken bis Impfen auf alle relevanten Themen einen Reim machte. "Besser künstlich einen Schutz erworben als natürlich dran gestorben!" Für seine klare Haltung gab es großen Beifall.
"Ungebumst net ins Deader"
Oti Schmelzer ließ es auf der Kanonenkugel krachen: "Nur weil man in die Kirche geht, ist man noch kein Christ. Wenn du in die Garage gehst, bist du auch kein Auto!" Der Erlanger Klaus Karl-Kraus schlüpfte dieses Jahr als Spielertrainer in die Fußballkluft und sicherte sich mit solchen Sprüchen die Lacher: "Wenn das Kind FC-Bayern-Fan ist, dann ist bei der Erziehung aber was daneben gegangen."
Die Fürther Waltraud und Mariechen alias Martin Rassau und Volker Heißmann zielten wie immer direkt auf die Lachmuskeln ab, auch mal in der unteren Etage: "Ungebumst derfst net ins Deader!" "Des hasst geboostert!" "Ach, des hasst doch immer anders, früher war’s gepudert." Als Altneihauser Feierwehrkapell’n verkleidet, schickten sie einen Gruß an die Oberpfälzer, deren Franken-Beschimpfung sonst fester Bestandteil der Sendung ist. Wegen der Pandemie durften Blechbläser zwei Jahre nicht üben. "Ich sag’s mit ehrlichem Gewissen, mir tun die Oberpfälzer scho vermissen!", dichtete Mariechen. Für Musik war trotzdem gesorgt – durch die Pavel-Sandorf-Band, die A-Cappella-Sänger von Viva Voce und die Dorfrocker.
Einen Neuzugang gab es: Christoph Maul aus Schillingsfürst, der die Schikanen des heutigen Einkaufens schilderte. "Himalaya-Salz liegt Millionenjahre in den Bergen rum. Kaum kommt’s in den Subbermarkt, hat es ein Verfallsdatum!" Der Mittelfranke rückte später in den Fokus: Als neuer Präsident des Elferrates löst er den Nürnberger Bernd Händel ab, der 16 Jahre dort amtiert hatte. "Wir müssen etz aweng miteinander auskommen", meinte Maul, der noch etwas farblos blieb. Eine Frau im Amt wäre mal schön gewesen, fand nicht nur Mariechen.
Walz war der Höhepunkt
Apropos: Unter den Kabarettisten war Ines Procter aus Erlabrunn die einzige Frau. Zur Facility Mangerin hochgeschrubbt, haute sie, "nah am Kühlschrank gebaut", die Gags raus: "Über Gewicht spricht man nicht, Übergewicht hat man!" Im Frankenfasching ist das Terrain der Frauen immer noch eher die Garde. Herzerfrischend aber zu sehen, mit wie viel Freude die Besenbinder-Gardemädchen auf der Bühne durch die Luft sprangen und danach im Foyer einen wahren Freudentaumel erlebten. Endlich wieder auftreten!
Die Freude war bei allen Beteiligten deutlich zu spüren. Und sie war mitreißend. Selbst die Polizei verfolgte die Sendung auf den Bildschirmen im Vorraum gebannt. Absoluter Höhepunkt war Matthias Walz am Klavier, der erst "Hubsi Gonzales Aiwanger" zerlegte, um mit dem Söder-Rock das Publikum von den Stühlen zu reißen. Daumen hoch zeigte sogar der "Elvis aus Nürnberg-Schweinau", der heute Ministerpräsident ist. "Lachen und Applaus von Angesicht zu Angesicht, das ist die wahre Währung", sprach Oliver Tissot für sich und seine Kollegen.
"Konfetti für die Seele"
Die feiern unter normalen Umständen immer noch bei der früheren Landtagspräsidentin Barbara Stamm weiter bis zum Morgengrauen: "Diesmal gehen wir net zum Bäcker. Aber das mach’mer wieder", meinte sie. "Es war subber, mit Doppel-B!", so das Fazit des Ministerpräsidenten. Am besten trifft es aber Ilse Aigner: "Das war Konfetti für die Seele."