Das große Aufräumen nach der Wahl hat begonnen: Arbeiter bauen in Düsseldorf Wahlplakate ab, auf denen der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz und sein SPD-Kontrahent Olaf Scholz zu sehen sind.
© Rolf Vennenbernd/dpa
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Das große Aufräumen nach der Wahl hat begonnen: Arbeiter bauen in Düsseldorf Wahlplakate ab, auf denen der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz und sein SPD-Kontrahent Olaf Scholz zu sehen sind.

Kommentar

Von wegen „halbierte AfD“: Auch Friedrich Merz hat die Rechtspopulisten gestärkt

Der Satz klebt noch immer wie Pech an seinen Händen - auch wenn sich Friedrich Merz von seiner eigenen Aussage längst distanziert hat. Der damalige Bewerber um den CDU-Vorsitz hatte 2018 erklärt: "Wir können wieder bis zu 40 Prozent erzielen und die AfD halbieren. Das geht!"

Von wegen. Damals, bei der Bundestagswahl 2017, lag die AfD noch bei 12,6 Prozent, die Union erzielte 32,9 Prozent. Am vergangenen Sonntag hingegen hat die Union mit Merz als Spitzenkandidaten und 28,5 Prozent das zweitschlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren - während die AfD mit 20,8 Prozent auf Rekordniveau gestiegen ist. Noch düsterer sieht es beim Blick in den Osten aus, wo die Rechtspopulisten in den fünf Flächenländern auf Werte von 32 bis 38 Prozent kommen und stärkste Partei sind.

Häme gegen Merz ist unangebracht

Merz, vom selbsternannten AfD-Halbierer zum Unions-Minimierer? Vor allzu großer Häme sei an dieser Stelle gewarnt. Denn Merz hat sich schon 2023 von seiner forschen Ansage mit dem Argument verabschiedet, als Oppositionsführer könne er ja wohl kaum im Alleingang die Fehler der Ampel-Regierung reparieren, die der AfD die Wähler zutrieben.

Da ist natürlich etwas dran. Und dennoch machte es sich Merz damals schon und heute wieder viel zu einfach. Er und seine Union tragen mindestens ebenso große Schuld am Erstarken der AfD wie SPD, Grüne und FDP. Denn statt kluge migrations- und asylpolitische Alternativen aufzuzeigen, stimmten Merz und seine Parteifreunde im Wahlkampf freudig in den schrillen Chor der Rechtspopulisten ein.

Kaum eine Forderung nach immer mehr Abschottung war ihnen zu scharf, nach den Terroranschlägen der vergangenen Wochen wurden Asylbewerber pauschal für die Taten Weniger verurteilt. Bereitwillig stellte die Union die Verfassung, das Asyl- und das Europarecht zur Disposition, schreckte sogar vor dem ultimativen Tabubruch einer zusammen mit der AfD im Bundestag gewonnenen Abstimmung nicht mehr zurück.

Union sendet ein fatales Signal der Normalisierung aus

Dass so viel Anbiederung an rechtspopulistische Positionen ein fatales Signal der Normalisierung an die Bürger aussendet, lässt sich gut an der Wählerwanderung erkennen. Über eine Million Wähler hat die Union am Sonntag an die AfD verloren. Nur von der Rückkehr der Nicht-Wähler an die Urnen hat die Rechtsaußenpartei noch stärker profitiert.

Zwar mussten auch die Parteien der Ampel an die AfD Stimmen abgeben. Aber die gar nicht neue Erkenntnis hat sich erneut bewahrheitet, dass die Menschen lieber für das rechtspopulistische Original stimmen als für eine konservative Partei, die an vielen Stellen die gleichen Inhalte propagiert.

Söder und "die letzte Patrone"

Ob Merz aus diesem Desaster gelernt hat, wird sich schon bei den jetzt anstehenden Koalitionsverhandlungen zeigen. CSU-Chef Markus Söder hat schon Recht, die neue Regierung könnte "die letzte Patrone der Demokratie" sein - allerdings waren er und Merz schon bei der vorletzten Patrone leider nicht besonders treffsicher.

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