Teurer Verbiss

Marderschaden: Was Ihr Auto schützt – und was nicht

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28.3.2023, 21:33 Uhr
Marder im Motorraum: Dieser Besucher ist Autofahrern nicht willkommen.

© HUK Marder im Motorraum: Dieser Besucher ist Autofahrern nicht willkommen.

Sein pelziges Gewand verleiht dem Marder eine durchaus niedliche Note. Doch wenn er – der Ausdruck sei an dieser Stelle erlaubt – das Maul aufreißt, dann wird eine bedrohliche Gebissleiste sichtbar. Gefahrenpotenzial besitzt sie nicht nur für jene Tierchen, die das Pech haben, ins Beuteschema des Räubers zu fallen. Auch gegenüber dem Auto unterhält der Marder eine Fressfeindschaft, die zumindest vorübergehend zum Exitus führen kann.

Über 200.000 Marderschäden registriert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) pro Jahr, und diese Hausnummer umfasst nur die kaskoversicherten Pkw. Im jetzt anbrechenden Frühjahr und im Frühsommer schlägt der geschmeidige Jäger seine Zähne besonders gern in Kabel, Schläuche oder Isoliermatten: Von April bis Juni liege die Zahl der Marderbisse deutlich über dem Jahresdurchschnitt, heißt es beim GDV. Allein im Jahr 2021 haben die Versicherer 92 Millionen Euro für Reparaturen nach Marderbissen ausbezahlt, pro Einzelattacke sind das durchschnittlich 450 Euro gewesen.

Warum tun die Tiere dem Auto das an?

Den oft noch warmen Motorraum empfindet der Marder als angenehmen Aufenthaltsort. Gleichzeitig ist der Räuber ein Einzelgänger und erhebt somit Anspruch auf alleiniges Wohnrecht. Das versucht er durchzusetzen, indem er Duftmarken setzt. Wird das Auto anderswo, im Revier eines Artgenossen also, abgestellt, kann es passieren, dass dieser aufgebracht reagiert und alles daran setzt, den Geruch des Konkurrenten zu vertreiben. Das geschieht durch wütende Beißattacken auf die markierten Teile. Deshalb sind Fahrzeuge, die häufig an wechselnden Stellen parken, besonders betroffen. Dass die bissigen Angriffe überdurchschnittlich oft im Frühjahr erfolgen, hat damit zu tun, dass dann Paarungszeit herrscht und die Marder-Männchen besonders aggressive Revierkämpfe ausfechten.

Wie gefährlich kann ein Marderschaden werden?

Die Folgen eines Marderverbisses offenbaren sich nicht immer sofort. Von spitzen Zähnchen perforierte Gummimanschetten beispielsweise werden laut ADAC erst dann zum echten Problem, wenn Schmutz und Wasser eindringen und die Fettfüllung verlorengeht. Dies könne zu einer Schädigung der Antriebs- und Achsgelenke, eventuell auch der Lenkungsteile führen. Wie riskant das ist, lässt sich leicht ausmalen. „Wird eine zerbissene Leitung zu spät bemerkt, kann das gefährliche Ausfälle der Fahrzeugtechnik verursachen“, warnt auch Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin beim GDV.

Es reicht aber auch schon, wenn die im Motorraum angerichtete Verwüstung schlicht mit hohen Reparaturkosten verbunden ist. Angebissene Zündkabel etwa können dazu führen, dass der Motor überhaupt nicht mehr anspringt oder zumindest unrund beziehungsweise ruckelig läuft. Der ADAC rät dazu, in diesem Fall die Weiterfahrt besser bleiben zu lassen, denn unverbrannter Kraftstoff kann den Katalysator ruinieren. Durchlöcherte Kühlmittelschläuche wiederum haben zur Konsequenz, dass Kühlflüssigkeit verlorengeht und der Motor gegebenenfalls überhitzt.

Manchmal tragen Marder auch Nistmaterial im Motorraum zusammen. Doch wenn trockene Zweige, Altpapier oder dergleichen mit heißen Motorteilen in Berührung kommen, können sie schlimmstenfalls Feuer fangen.

Warum haben Elektroautos ein besonderes Problem?

Eigentlich sind E-Autos vergleichsweise gut gegen Marderattacken geschützt. Verkleidungen am Unterboden und im Motorraum bilden Barrieren, die Hochvoltkabel wehren sich durch resistente Wellschläuche aus Kunststoff sowie durch Abschirmungen. Doch wenn der Räuber trotzdem durchdringt, kann das kosten. Kaputte Hochvoltkabel dürfen aus Sicherheitsgründen nicht instandgesetzt werden. Stattdessen muss gleich der gesamte Kabelsatz ausgetauscht werden. Unter Umständen bringt das den Fahrzeughalter um ein paar Tausend Euro.

Was hilft gegen Marderbiss?

Ein hundertprozentig sicheres Wundermittel gibt es nicht. Zunächst einmal sollten Autobesitzer wachsam sein – Pfotenspuren auf Windschutzscheibe oder Karosserie können auf marderseitiges Interesse am Fahrzeug hindeuten, mitunter finden sich auch verdächtige Kot- oder Haarspuren. Nicht schaden kann zudem der regelmäßige Blick unter die Motorhaube. Besteht der Verdacht auf Marderbesuch, empfiehlt sich gegebenenfalls – siehe auch unten – eine Motorwäsche.

Verhältnismäßig fein heraus ist, wer sein Auto in einer geschlossenen Garage unterbringen kann, eventuelle Schlupflöcher sollten vorbeugend verbarrikadiert werden. Ganz hilflos sind aber auch Straßenparker dem Marder nicht ausgeliefert. Zumeist verschaffen sich die Tiere von der Fahrzeugunterseite aus Zugang in den Motorraum, das Auslegen eines pfotenunfreundlichen Maschendrahtgitters kann ihnen den Spaß verderben.

Auch andere mechanische Hilfsmittel bieten sich an. Viele Autohersteller bieten gegen Aufpreis Motorraum-Abschottungen an, der Handel hält für viele Modelle auch Nachrüstlösungen bereit. Gute Dienste können ferner bissfeste Kabelummantelungen, Schutzschläuche oder Plastikabdeckungen leisten. Einbauen sollte sie aber der Profi in der Fachwerkstatt, schon allein, um zu verhindern, dass die Teile mit heißen Bereichen des Motors in Kontakt kommen.

Ultraschallgeräte wiederum setzen auf akustische Abschreckung. Sie senden hochfrequente Töne aus, die der Mensch zwar nicht hört, die der Marder aber als so unangenehm empfinden soll, dass er das Weite sucht.

Die beste Wirksamkeit erzielen nach Ansicht von Fachleuten aber Elektroschockgeräte, die so ähnlich wie ein Weidezaun funktionieren. Kleine Metallplättchen senden Stromschläge aus, die den Marder in die Flucht schlagen sollen, ohne ihm dabei Strom zuzufügen. Gerade der Einbau solcher Geräte ist ein Fall für den Fachmann!

Was schützt eher nicht?

Sehr umstritten ist die Wirksamkeit von Hausmittelchen wie ausgelegten Toilettensteinen, Mottenkugeln oder Hunde- und Katzenhaaren. Auch sogenannte Duftmarkenentferner, wie sie als Spray oder Flüssigkeit angeboten werden, sind zumeist wenig zielführend. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) warnt sogar vor Brandgefahr, wenn entsprechend getränkte Lappen nicht vor Fahrtantritt entfernt werden.

Was tun nach einem Marderschaden?

Neben der Instandsetzung kommt es darauf an, sämtliche Duftmarken zu vertreiben und so weiteren Attacken vorzubeugen. Dringend anzuraten ist deshalb eine professionelle Motorwäsche. Sie empfiehlt sich auch dann, wenn nur der Verdacht besteht, dass ein Marder dem Auto regelmäßigen Besuch abstattet.

Und wer zahlt für die Reparatur?

Die Teilkaskoversicherung. Viele Policen decken aber nur den unmittelbaren Verbiss, etwa an Kabeln oder Schläuchen, ab. Hingegen sind die eigentlich teuren Folgeschäden häufig nicht inkludiert – etwa ein Motorschaden, den ein angeknabberter Kühlwasserschlauch verursacht hat. Es lohnt sich, den Vertrag zu überprüfen und gegebenenfalls aufzubessern. Auch die Vollkasko springt ein. Hier weist die HUK-Coburg-Versicherung allerdings darauf hin, dass ein gemeldeter Schaden die Hochstufung im Schadenfreiheitsrabatt zur Folge hat.

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