Crossover mit spezieller Hybridtechnik
Fahrbericht: Nissan Qashqai e-Power
4.1.2023, 16:46 UhrWie er aussieht: Man könnte den Qashqai zu den SUVs zählen, Nissan bevorzugt die sozialverträglichere Bezeichnung „Crossover“. Aktuell wird das Modell mit dem merkwürdigen Namen in dritter Generation verkauft. Während der Vorgänger noch ein eher weichgespülter Geselle war, bemüht sich der Qashqai III erfolgreich um einen maskulineren und wohlproportionierteren Auftritt. Die Länge von 4,43 Metern weist dem Japaner einen Platz im Konkurrenzumfeld von VW Tiguan, Skoda Karoq oder Kia Sportage zu. Und die sogenannte CMF-CD-Plattform hat der Qashqai nicht exklusiv, Konzernschwester Renault setzt auf ihr sein neues Kompakt-SUV Austral auf.
Der Name Qashqai, bei dessen Schreibweise selbst Branchenkundige schon mal straucheln, ist übrigens kein linguistisches Kunstprodukt, sondern bezieht sich auf die Kaschgai, ein Nomadenvolk aus dem iranischen Süden.
Wie er eingerichtet ist: Billiges Hartplastik sucht das kritische Auge vergebens, alles im Fahrgastbereich wirkt hochwertig und sauber verarbeitet, seine Passagiere bettet der Qashqai auf bequeme Sitze, die sich auf Wunsch nicht nur beheizen, sondern auch belüften und mit einer Massagefunktion ausstatten lassen. Vor dem Fahrer macht sich das inzwischen obligatorische Digitalinstrumentarium breit, die Nachbarschaft zur Rechten nimmt ein großer Touchscreen ein, im Infotainment hält sich neben TomTom, dem Navi, auch Amazons Alexa auf.
Kameras schicken beim Rangieren ein hilfreiches 360-Grad-Bild auf den Monitor, per Druck auf die „Camera“-Taste wird dort auch sichtbar, was vor dem Fahrzeug los ist. Ansonsten zeugt der Armaturenträger von einer konservativen Denke der Innenraumstrategen, denn sie haben dem Qashqai noch allerlei haptische Taster und Drehregler gelassen, zum Beispiel für Lautstärke, Klimatisierung sowie Sitz- und Lenkradheizung. Manchmal ist der direkte Weg einfach der beste.
Wie viel Platz er hat: Die besten Plätze sind, wenig überraschend, die beiden vorderen. Hinten bekommen zumindest Links- und Rechtsaußen ein annehmbares Maß an Bewegungsfreiheit, die mittlere Sitzgelegenheit entspricht dem, was der Katzentisch im Restaurant darstellt. Der Kofferraum hat 455 bis 1415 Liter Fassungsvermögen zu bieten, das ist ein Durchschnittswert. Die Heckklappe öffnet ausstattungsabhängig oder gegen 600 Euro Aufpreis sensorgesteuert elektrisch. Sehr praktisch fanden wir die beiden „Flexiboards“, die den unteren Teil des Ladebodens abdecken, sich variabel einsetzen, auffalten oder hochkant einsetzen lassen.
Was ihn antreibt: Nissan hat mitunter Schelte dafür kassiert, dass der Qashqai – ganz im Gegensatz zu vielen Konkurrenten – nicht als Plug-in-Hybrid zur Verfügung steht. Jetzt erhalten die Teilzeitstromer aber keine staatliche Förderung mehr, damit ist auch der Kritik der Stecker gezogen worden. Und es verschafft anderen Spartechnologien Aufmerksamkeit: e-Power nennt sich ein Hybridsystem, das Nissan schon seit 2017 Zeit in Japan betreibt und jetzt auch nach Europa geholt hat. Die Technik macht es möglich, elektrisch zu fahren, dabei aber ausschließlich Benzin zu tanken.
Wie das geht? Über einen Umweg: Als wichtigste Komponenten gelangen ein 1,5-l-Dreizylinder mit 116 kW/158 PS, ein 140 kW/190 PS starker Elektromotor, eine kleine Antriebsbatterie mit 2,1 kWh sowie ein Wechselrichter zum Einsatz. Der Verbrenner bleibt dabei bloß Generator und betreibt die bordeigene Stromerzeugung. Abhängig von der Fahrsituation fließt der Strom über den Wechselrichter an die Pufferbatterie, den Elektromotor oder an beide Adressaten. Es ist dann der E-Motor, der schlussendlich die Vorderräder antreibt, unterm Strich ist es also nicht falsch, von elektrischem Fahren zu sprechen.
Nissan verbaut die e-Power-Technologie ebenfalls im größeren SUV X-Trail, dann auch in Verbindung mit dem Allradantrieb e-Force. Vom Qashqai gibt es die Alternative eines einfachen Mildhybrids mit 103 kW/140 PS.
Wie er sich fährt: In diesem Punkt hat uns der Qashqai e-Power rundum überzeugt. Er nimmt nicht nur flüsterleise Fahrt auf, sondern bleibt auch im weiteren Betrieb akustisch bemerkenswert diskret. Das vermittelt tatsächlich ein annähernd elektrisches und sehr kultiviertes Feeling. Drehzahl und Geschwindigkeit entwickeln sich analog nach oben, deshalb stört auch kein unschöner Gummibandeffekt, bei dem der Motor schon angestrengt aufheult, bevor sich das Tempo erhöht hat.
Von den komplizierten Vorgängen im Hintergrund bekommen der Fahrer respektive die Fahrerin nichts mit. Auch die Beschleunigung erfolgt ähnlich ansatzlos, linear und zügig wie beim echten Elektroauto.
Es gibt auch eine EV-Taste, über die sich der Dreizylinder aktiv in die Pause schicken lässt. Dann wird überhaupt kein Sprit verbraucht. Der geringen Batteriekapazität wegen funktioniert das allerdings höchstens über etwa drei Kilometer hinweg einer Geschwindigkeit von etwa 55 km/h. Beim gleichmäßigen Cruisen auf ebener Strecke nimmt sich der Verbrenner auch darüber hinaus noch raus.
Daneben können zwei Möglichkeiten zum Rekuperieren genutzt werden. Die eine ist die Fahrstufe „B“, die andere der extrastarke „e-Pedal“-Modus.
Schnellfahrern sei gesagt, dass der Qashqai e-Power auf der Autobahn maximal 170 km/h vorlegt. Von 0 auf 100 km/h eilt er in 7,9 Sekunden.
Was er verbraucht: Da waren wir gespannt. Nissan spricht von 5,4 bis 5,3 l/100 km. Das lässt sich machen, allerdings muss man dann schon viel Bedacht walten lassen und/oder vorwiegend innerstädtische Straßen mit den entsprechenden Rekuperations-Gelegenheiten unter die Räder nehmen. Jenseits der Autobahn-Richtgeschwindigkeit sollte man mit einer 7 vor dem Komma rechnen. Im Schnitt haben wir 6,3 l/100 km bilanziert.
Was er bietet: Den Nissan Qashqai gibt es in fünf Ausstattungsvarianten. Für die e-Power-Variante geht das Angebot erst ab der mittleren los. Sie heißt „N-Connecta“ und legt auf die Mitbringsel der niedrigeren Levels – alsda wären beispielsweise Adaptivtempomat mit Abstandsassistent, hinterer Querverkehrswarner, Totwinkel- und Fernlichtassistent sowie Verkehrszeichenerkennung, Zweizonen-Klimaautomatik und Rückfahrkamera – noch Digitalcockpit, 12,3-Zoll-Infotainment samt Navi, Around-View-Monitor mit 360-Grad-Rundumsicht und 18-Zoll-Leichtmetallfelgen drauf.
Ab „Tekna“-Level kommen Head-up-Display, teilautonome Fahreigenschaften, Einparkautomatik, Sitz-, Lenkrad- und Frontscheibenheizung sowie elektrische Heckklappe hinzu. Dem Topmodell „Tekna+“ gibt Nissan unter anderem ein Bose-Soundsystem, elektrisch einstellbare Vordersitze mit Massagefunktion und ein Panorama-Glasdach mit.
Was er kostet: Ab 41.360 Euro. Gegenüber dem Mildhybrid ist das ein Aufpreis von immerhin 2400 Euro.
Was wir meinen: Der e-Power-Antrieb bekommt von uns ein imaginäres „Daumen hoch“-Emoji. Er ist leise, kultiviert und von geschmeidig-zügiger Kraftentfaltung. Das steht als Benefit für sich. Der Verbrauch bleibt aber nur im unteren Geschwindigkeitsbereich wirklich niedrig.
Die Daten des Nissan Qashqai 1.5 VC-T e-Power
Antrieb Hybrid, Frontantrieb, stufenloses Automatikgetriebe
VERBRENNUNGSMOTOR:
Hubraum 1477 - 1497 ccm
Zylinder 3
Leistung 116 kW/158 PS bei 4600/min
max. Drehmoment 250 Nm bei 2240 - 4400/min
ELEKTROMOTOR:
Leistung 140 kW/190 PS
Max. Drehmoment 330 Nm
Batterie Lithium-Ionen, 2,1 kWh
Höchstgeschwindigkeit 170 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h 7,9 sec
Normverbrauch WLTP 5,4 – 5,3 l S/100
Testverbrauch 6,3 l S pro 100 km
CO2-Emission 122 - 120 g/km
Schadstoffnorm Euro 6d-ISC-FCM
Energie-Effizienzklasse B-A
Länge 4,43 m
Breite 1,83 m ohne, 2,08 m mit Außenspiegeln
Höhe 1,62 m
Sitzplätze 5
Kofferraum 455 bis 1415 l
Kraftstoff-Tank 55 l
Leergewicht 2180 kg
zulässiges Gesamtgewicht 1699 - 1803 kg
Zuladung 377 - 481 kg
Anhängelast 750 kg, gebremst und ungebremst
Versicherungs-Typklassen 14 (KH), 23 (TK), 21 (VK)
Preis ab 41.360 Euro
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