SUVs dominieren
Elektroautos: Zu groß, zu teuer, zu durstig?
28.1.2023, 18:15 UhrElektroautos werden zunehmend zu Erfolgsmodellen. Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) haben batterieelektrische Pkw im Jahr 2022 bereits einen Neuzulassungsanteil von 17,7 Prozent erreicht, im Vorjahresvergleich entspricht das einer Steigerung um rund 30 Prozent.
Ob sich der Boom unter dem zunehmenden Abschmelzen der staatlichen Kaufprämie so fortsetzt, bleibt abzuwarten. Denn E-Autos sind teuer. Gemäß einer Studie des Centers of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach hat der durchschnittliche Kaufpreis 2022 rund 50.000 Euro betragen. Zu tun hat das auch damit, dass es sich bei den sogenannten BEVs – Battery Electric Vehicles –aktuell überwiegend um große und luxuriöse Modelle handelt. SUVs und Geländewagen, so stellt die CAM-Analyse fest, tragen 44 Prozent der Neuzulassungen, während die drei Segmente der Kleinst-, Klein- und Kompaktwagen zusammen genommen nur auf 42 Prozent kommen.
Studienleiter Stefan Bratzel beklagt somit eine „kritische SUVisierung der Elektromobilität“. Die E-Modelle seien im Schnitt noch zu teuer und in niedrigeren Fahrzeugsegmenten zu selten. Und auch ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze warnt, dass die „Elektromobilität nur dann erfolgreich sein wird, wenn sie jedermann zugänglich ist und nicht etwa ein Nischenprodukt für Gutverdienende bleibt“.
Neben der Preis- stellt sich jedoch noch eine andere Problematik. Bratzel befürchtet auch eine „ökologisch bedenkliche Zweiteilung des deutschen Elektro-Marktes“: E-SUVs hätten vielfach ein höheres Gewicht, eine schlechtere Aerodynamik sowie eine größere Batterie als die Modelle aus anderen Segmenten. Damit steigt auch der Stromverbrauch. Während Kleinst-, Klein und Kompaktwagen mit 15,2 kWh/100 km unter dem Durchschnitt von 16,1 kWh liegen, konsumieren SUVs und Geländewagen laut Studie rund 16,7 kWh. Nach den Erfahrungen dieser Redaktion mit diversen elektrischen Testwagen erscheint das noch als außerordentlich freundlich gerechnet.
In gewisser Weise ist zumindest das Batterieproblem allerdings auch ein von den Kunden hausgemachtes. Bei vielen geht noch immer die Sorge um, mit leergefahrenem Akku liegenzubleiben. „Die maximal mögliche Reichweite ist weiterhin ein kaufrelevantes Kriterium“, resümiert Bratzel. Um viel Strecke machen zu können, braucht es aber eine hohe Akkukapazität. Das geht ins Geld, denn aktuell entfallen etwa 40 Prozent des Kaufpreises für einen Stromer aufs Konto der Batterie.
Hier böte sich ein Ansatz zum Sparen. Denn wenn ein E-Auto – was vielfach der Fall ist – überwiegend im Stadtverkehr und auf der Kurzstrecke eingesetzt wird, braucht es keine hohe Reichweite und damit auch keinen großen Akku. Noch sind die City-Stromer aber dünn gesät. Und keineswegs durchweg günstig. Während ein Smart EQ fortwo immerhin schon ab 21.940 Euro, ein Dacia Spring Electric ab 22.750 und ein Renault Twingo E-Tech ab 28.850 Euro zu haben ist, kostet der erfolgreiche Fiat 500e mindestens 30.990, der Mini Cooper SE 35.700, der Renault Zoe 36.840 und der kleine Jeep Avenger 37.000 Euro. In den Lifestyler Honda e sind gar 39.900 Euro zu investieren. Vom elektrischen Kleinstwagen-Trio aus dem Volkswagen-Konzern, das sich aus Seat Mii Electric, Skoda Citigo iV und VW e-up! zusammengesetzt hat, ist nur der e-up übriggeblieben, inzwischen wird er wieder angeboten, der Einstiegspreis beträgt 29.995 Euro.
Wie schon in der alten Verbrenner-Welt pflegen die Automobilhersteller auch im Bereich der Elektromobilität eine sogenannte Top-Down-Strategie – neue Technologien werden zunächst bei den einträglichen Luxusmodellen eingesetzt, bevor sie sich allmählich in niedrigere Fahrzeugklassen herabdemokratisieren. Nach Einschätzung von Carlos Tavares, Chef von Stellantis (unter anderem Opel, Peugeot, Fiat) werden somit noch rund fünf Jahre ins Land ziehen, bevor sich E-Kleinwagen sukzessive auf breiter Ebene etabliert haben. Erst für 2024 hat beispielsweise Renault die elektrische Neuauflage des R5 annonciert, bis 2025 der VW ID.2 als stromerndes Pendant zum VW Polo auf den Markt kommt, braucht es noch mehr Geduld. Und wohl auch einen gut gefüllten Geldbeutel: Unter 25.000 Euro, so hat es Markenchef Thomas Schäfer bereits angekündigt, wird nichts zu machen sein.
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