Rechtsruck in Italien: So reagieren hiesige Flüchtlingshilfen
28.9.2022, 16:22 UhrWer ist Giorgia Meloni?
Giorgia Meloni wuchs zusammen mit ihrer alleinerziehenden Mutter in einem römischen Arbeiterviertel auf. Mit nur 15 Jahren trat sie bei "Movimento sociale Italiano" (MSI) ein. Die MSI war eine 1946 gegründete neofaschistische Partei, die 1995 in die gemäßigt auftretende "Alleanza Nazionale" überging. Seitdem ging Melonis politische Karriere steil bergauf und so wurde sie 2008 Jugend- und Sportministerin als jüngstes Kabinettsmitglied in der italienischen Politikgeschichte. Da sie unzufrieden mit der zunehmenden Mäßigung von "Alleanza Nazionale" war, trat sie aus und gründete 2012 ihre eigene Partei "Fratelli d'Italia". Seit den Wahlen am 25. September 2022 ist ihre Partei mit 26 Prozent Stimmenanteil die klare Sieger:in im Kampf um die Regierungsspitze.
Was sind ihre Ziele?
Melonis politische Ziele gestalten sich entsprechend ihrer postfaschistischen Gesinnung. Sie ist gegen Rechte für sexuelle Minderheiten, lehnt Abtreibungen konsequent ab und möchte laut Fratelli-Wahlprogramm eine Seeblockade installieren, um Geflüchteten die Einreise nach Italien zu erschweren. Außerdem will sie das Dubliner-Abkommen reformieren, das die Asylverfahren in Europa regelt. Denn durch Italiens geographische Lage am Mittelmeer betreten viele Geflüchtete Europa über italienisches Hoheitsgebiet und sind gezwungen ihren Asylantrag in Italien zu stellen.
Was bedeutet das für Geflüchtete?
Gorden Isler von der Hilfsorganisation "Sea-eye", die auch in Nürnberg zu Hause sind, befürchtet auf Anfrage der fein raus-Redaktion eine stark zunehmende Kriminalisierung der Seenotrettung. Denn obwohl die Pflicht zur Seenotrettung im Völkerrecht fest verankert ist, blockierte die italienische Regierung bereits unter Innenminister Matteo Salvini vor Jahren die Arbeit von NGO's. Das gipfelte 2019 darin, dass 10 Mitglieder des Rettungsschiffes Juventa wegen Beihilfe zur illegalen Migration angeklagt wurden. Ihnen droht in Italien bis zu 20 Jahren Haft. Außerdem sagt Gorden Isler eine steigende Mortalitätsrate bei Flüchtenden auf dem Mittelmeer voraus, wenn die italienische Regierung aktiv gegen Seenotretter:innen vorgeht.
Auch Pressesprecherin von "Sea-Watch", Mattea Weihe, blickt mit Sorge auf den Mittelmeerraum, trifft jedoch keine eindeutige Prognose für die Zukunft. Die Seeblockade hält sie für schwer umzusetzen, da Italien nicht als "Einzelakteur im Mittelmeerraum agieren kann". Zudem rechnet sie mit mehr Migration in Richtung Europa aufgrund des Klimawandels. Dem Wahlsieg der Rechtspopulistin Meloni setzt Sea-Watch ein neues Rettungsschiff, die Sea-Watch 5, entgegen. "Die italienische Regierung machte uns unsere Arbeit schon in der Vergangenheit schwer. Der politische Widerstand wird nur lauter und nicht mehr so bürokratisch", meint Mattea Weihe.
Hand aufs Herz
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