Die Weinerei: Das gibt es in Nürnbergs offenem Wohnzimmer

Andrea Munkert

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31.10.2023, 13:31 Uhr
In diesem Jahr besteht die Weinerei Nürnberg seit 20 Jahren. 

© Tobi Gautier/PR In diesem Jahr besteht die Weinerei Nürnberg seit 20 Jahren. 

Mit einem guten Glas Wein sieht die Welt doch gleich anders aus: Dieses Konzept hat die Weinerei in Nürnberg, „Deutschlands erstes Kulturwohnzimmer“, für sich entdeckt. Seit über 20 Jahren besteht dieses ungewöhnliche Gemeinschaftsprojekt — und dieser Terminus gilt im doppelten Sinne.

Denn: Die Weinerei in der Ostermayer-Passage im Herzen der Altstadt (Königstraße 33 bis 37) ist keine kommerzielle Bar, ein massig Eintrittsgelder abwerfender Party-Club oder Ähnliches — „auch wenn sie sich bisweilen so anfühlt“, schiebt Tobi Gautier, eines der Mitglieder, augenzwinkernd hinterher. Denn die Weinerei wird von einem Verein – Der Gesellschaft zur Förderung von Kunst und Kultur in Europa — getragen. Hier gibt es Kultur zum Sparpreis: Weil kein Eintritt für DJs, Happenings oder Ausstellungen oder feste Preise für die Getränke verlangt werden, „finanzieren wir uns rein über das Spendenglas an der Theke“, erklärt Tobi.

Viele Partys in der Weinerei Nürnberg

In der Weinerei gibt es immer freitags und samstags "normale Barabende", das bedeutet: Sich in dieses Kulturwohnzimmer zu fläzen und Wein zu genießen. Natürlich gibt es aber auch besondere Abende oder ein besonderes Programm.

Halloween mit Wave & Wine kannst Du am 31. Oktober feiern. Genieße einen außergewöhnlichen Abend in lässiger Atmosphäre mit feinstem Wave, Minimal, Electro, Postpunk, Synthie-Pop und Indietronics von gestern bis heute mit Markus + DJ Taube von Schwarzfunk (Radio Z).

Am 2. November laden Robert Peters und die Weinerei herzlich ein bei der Vernissage "Then and Now" seine künstlerische Reise von Australien nach Nürnberg zu betrachten. Peter untersuchte die Verbindungen zwischen existenzieller Philosophie und expressionistischer Malerei, und seine Werke spiegeln vielfältige Einflüsse wider, von Existenzialismus bis hin zur Weisheit von Alan Watts und dem Dhammapada. Seine Interesse an nächtlicher Beleuchtung und das Spiel von Licht und Dunkelheit, zeigen sich in der Ausstellung wieder.

MUSIQUE ELEKTRONIQUE lädt dich am 4. November ein zu Darkwave, Industrial und Dark Electro zu tanzen. Ab 8 Uhr gehts los, der Eintritt ist kostenlos.

Richtig dick gefeiert wird dann am Samstag, 19. November, in der Weinerei - nämlich das 20-jährige Bestehen. Ab 19 Uhr kommen drei Livebands (darunter Jesse James and the Blue Flames) auf die Bühne, mit Wein und einer kleinen Auswahl an zusätzlichen Getränken, die es sonst in der Weinerei nicht gibt, kannst Du feiern.

Weiter im Portfolio der Weinerei: Improtheater-Abende, weitere Kunstausstellungen sowie DJ-Abende, einen Lindy Hop-Abend und Painted House, was ein gemischter Abend mit einem DJ sowie Künstler:innen, die live in der Weinerei malen, ist.

Netzwerk spinnt sich weiter

„Wir haben keinen Auftrag und wir erhalten keine Förderung“, konkretisiert er. Die Weinerei ist vielmehr ein selbstständiges Projekt. „Die Spenden reichen gut für die Miete, Strom und so weiter. Der Überschuss wird zum Beispiel für Technikanschaffungen oder Renovierungen verwendet.“ Ein Crowdfunding und die Sympathien vieler Gäste haben der Weinerei durch die Coronakrise geholfen. Und dennoch merken sie auch hier, dass die vergangenen zwei Jahre Spuren hinterlassen haben.

Schnell entwickelte sich die Weinerei seit ihrer Gründung 2002 vom „offenen und gemütlichen Wohnzimmer“ weiter: Wurde zum Forum für Künstler, Kreative und Aktive, die ihre Kunst präsentieren wollen. Und zwar querbeet: „Wir möchten in allen Bereichen fördern und versuchen, möglichst das gesamte Spektrum abzudecken“, betont Tobi Gautier.

Support und Bühne für lokale Künstler:innen

Denn je mehr Künstler:innen hier einen Spielort finden, desto größer werde das Netzwerk und die Bekanntheit des Kulturwohnzimmers. „Durch die Reihe ,Das Konzert am Mittwoch‘ fassen wir gerade auch mehr Fuß in der Musik-Szene.“ Vor allem über lokale Künstler, wie Pop-Artistin Bogy Nagy zum Beispiel, „freuen wir uns natürlich immer besonders, weil diese mit dem regionalen Hintergrund an der richtigen Stelle mit dem Bekanntwerden anfangen können“. Gleichzeitig sei es für die Gäste ein Ort zum Entspannen, an dem sie Kultur erleben, aber auch ignorieren können. „Es ist meist so, als kommen Bekannte und Freunde im eigenen Wohnzimmer vorbei und fühlen sich wohl“, beschreibt Tobi.

Nicht nur ein Ort, um feinen Wein zu trinken, sondern auch eine Anlaufstelle für Bands, DJs, Kollektive, Maler:innen und mehr: Die Weinerei hat einiges vor. 

Nicht nur ein Ort, um feinen Wein zu trinken, sondern auch eine Anlaufstelle für Bands, DJs, Kollektive, Maler:innen und mehr: Die Weinerei hat einiges vor.  © Martin Rehm, NN

Die Aktiven haben alle reguläre Jobs, sie sind ehrenamtlich und der Kultur zuliebe in der Weinerei tätig. Über 30 Mitglieder arbeiten in Vorder- und Hintergrund. Laut Gautier mischen sich diese Köpfe aus allen Alterskategorien und Berufssparten zusammen. „Bei uns findet man Ingenieure, Künstler, Verkäufer oder Programmierer. Wir haben auch Studenten im Team.“

Bitte einschenken!

Manche fokussieren sich auf das Konzept, andere wählen die Künstler:innen aus oder stehen hinter dem Tresen. Auch vor dem Tresen findet sich ein Querschnitt der Gesellschaft: „Man trifft Lehrer, Ingenieure, Verkäufer genauso wie Künstler und Anwälte.“

Als einzigen Fix-Preis zahlen die Gäste drei Euro quasi als Miete für das leere Glas. „Bedienen müssen sie sich dann selbst und spenden, was ihnen der Abend wert war.“ Grundsätzlich hänge die Spendierfreude sehr vom Publikum und der Veranstaltung ab – und natürlich gebe es auch Gäste, die gerne gratis trinken wollen. Doch: „Es gibt viele, die das Konzept absolut verstehen und ernst nehmen. Entsprechend spenden sie auch angemessen.“ Insgesamt seien Abende mit schlechtem Kassenschluss aber sehr selten. Was wirke, meint Gautier, sei die entspannte Atmosphäre für jedermann.

Bis Sommer 2004 war die Weinerei in der Steinstraße in Nürnberg-Johannis beheimatet - in der ehemaligen Bayerischen Metallwarenfabrik in der Nürnberger Steinstraße, dann zog sie für zehn Jahre ans Prinzregentenufer. Irgendwann wuchs sie aus dem Kellergewölbe heraus. 2014 eröffnete sie in der Ostermayer-Passage gegenüber der Galeria Kaufhof.


Geöffnet ist immer freitags und samstags ab 20 Uhr bis 1 Uhr als reguläre Barabende und zu besonderen Veranstaltungen.

Die Weinerei Nürnberg schenkt seit 2014 in der Ostermayer-Passage aus. Neben Getränken und Kunstausstellungen gibt es in Nürnbergs Kulturwohnzimmer regelmäßig Musik, Workshops oder Filmvorführungen. Alles für drei Euro; freiwillig mehr. Am Wochenende darf hier auch getanzt werden.


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