Aggressives Verhalten

Wildpferd bei Erlangen getötet: Wird der Hengst nun an Zootiere verfüttert?

24.4.2024, 19:00 Uhr
Wildpferde in Tennenlohe.

© Landschaftspflegeverband Mfr. Wildpferde in Tennenlohe.

Bei den Wildpferden im Tennenloher Forst musste ein Hengst wegen Aggressivität getötet werden. Das teilte der Landschaftspflegeverband Mittelfranken e. V. in einer Pressemitteilung mit.

Seit Jahren war der Hengst auffällig und wurde schließlich zur Gefahr für seine Herdengenossen und Betreuerinnen. Schon am Tag nach der Entnahme ist bei den verbliebenen fünf Wildpferden eine merkliche Entspannung eingetreten. Der siebenjährige Przewalski-Hengst gehörte seit August 2018 zur Herde, die im Tennenloher Forst für den Erhalt der Artenvielfalt in Mittelfrankens größtem Naturschutzgebiet sorgt. "Er war schon immer ein auffällig dominanter und aggressiver Hengst, sowohl den anderen Wildpferden als auch uns gegenüber", berichtet Gebietsbetreuerin Wiebkea Bromisch vom Landschaftspflegeverband Mittelfranken.

Es kam zu mehreren Verletzungen

Zusammen mit ihrer Kollegin Verena Fröhlich kümmert sie sich seit 20 Jahren um die Tennenloher Wildpferde. Die älteren Hengste hätten es trotzdem einige Jahre lang geschafft, den Junghengst in Schach zu halten. Mit zunehmendem Alter und Erreichen der Geschlechtsreife haben sich die Probleme mit dem aggressiven Hengst im vergangenen Jahr jedoch weiter verschärft.

Einige Tiere können ausgewildert werden

Verena Fröhlich erläutert: "Er hat seine Herdengenossen wiederholt angegriffen, es kam zu vermehrten Verletzungen. Um eine Eskalation und schwere, potenziell tödliche Verletzungen zu vermeiden, haben wir die Hengste mehrfach und in verschiedenen Konstellationen voneinander getrennt, was jedoch nie zu einer längerfristigen Entspannung der Situation geführt hat. Wir Betreuerinnen hatten einige gefährliche Begegnungen mit ihm." Der Verbleib des Hengstes im Tennenloher Beweidungsprojekt sei schließlich nicht mehr tragbar geworden. Auch von den Tierärzt*innen und Biolog*innen des Tiergarten Nürnbergs als Tier-Eigentümer wurde das Gefahrenpotenzial, das von dem Przewalski-Hengst ausgeht, als zu hoch eingeschätzt. "Daher haben wir uns dafür entschieden, den Hengst möglichst schnell aus der Herde zu nehmen", erklärt der behandelnde Tierarzt Dr. Hermann Will. Der biologische Leiter und stellvertretende Direktor des Tiergartens Nürnberg, Jörg Beckmann, versichert: "Auch wenn die Entscheidung den Hengst zu töten allen Beteiligten nicht leichtfiel, so sind wir überzeugt davon, im Sinne des Tierwohls entschieden zu haben, da hierbei auch die Situation der anderen Przewalski-Pferde berücksichtigt werden muss. Auch eine Gefährdung von Menschen mussten wir ausschließen."

Eine Abgabe in eine Haltung ohne direkten Kontakt zu Menschen, aber mit Kontakt zu Artgenossen war derzeit nicht möglich. Deswegen wurde das Wildpferd angst- und schmerzfrei vor Ort getötet und als hochwertiges Fleisch im Tiergarten verfüttert. In der Hengstgruppe im Tennenloher Beweidungsprojekt ist unmittelbar eine merkliche Entspannung eingetreten, berichten die Gebietsbetreuerinnen Bromisch und Fröhlich. "Schon am nächsten Tag wirkten die fünf Wildpferde deutlich ruhiger und gelassener." Aus der Hengstherde des Tennenloher Beweidungsprojektes werden regelmäßig Tiere als neue Zuchthengste in verschiedene Zoos abgegeben, so zum Beispiel 2018 an den Tiergarten Nürnberg. Im Gegenzug dazu werden regelmäßig neue Junghengste zum Aufwachsen ins Beweidungsprojekt gebracht. Przewalski-Pferde werden im Rahmen eines Erhaltungszuchtprogrammes (EEP) des europäischen Zooverbands gezüchtet.

Tiere sinnvoll verwerten

Je nach Bedarf werden Nachzuchten zu neuen Zucht- oder Junggesellengruppen zusammengestellt, einige Tiere können auch ausgewildert werden. Um langfristig eine gesunde Population erhalten zu können, müssen gelegentlich genetisch weniger wichtige Tiere, vor allem Hengste, getötet werden. Um diese Tiere sinnvoll zu verwerten, werden sie nach Möglichkeit an Zootiere verfüttert. Laut Weltnaturschutzunion IUCN galten Przewalski-Pferde noch 1996 als "in der Natur ausgestorben". Durch die Auswilderung von in Zoos geborenen Tieren konnte der Bedrohungsstaus der Art mittlerweile von zunächst "vom Aussterben bedroht" (2008) auf "stark gefährdet" (2011) herabgestuft werden.

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